Berichte
Abnehm-Star aus dem Ruhrgebiet will anderen Mut machen
27. April 2020
Der gebürtige Gelsenkirchener Anthony Karrenberg verlor dank einer TV-Show fast 90 Kilogramm. Nun will er andere motivieren, an ihren Zielen zu arbeiten, und bietet ein wöchentliches Live-Work-out an.
220 Kilogramm. So viel hat Anthony Karrenberg 2018 gewogen. „Da wusste ich: Jetzt muss ich ran an den Speck – oder es kann böse enden.“ Zwei Jahre später hat sich der 1,97 Meter-Hüne quasi halbiert. In der letzten Folge der Sat.1-Abnehm-Show „The Biggest Loser“, an der er fünf Monate lang teilgenommen hat, brachte er vor wenigen Wochen 111,8 Kilogramm auf die Waage. „Das war ein überwältigender Moment. Nach 32 Lebensjahren konnte ich zum ersten Mal sagen: Ich bin nicht dick. Ich bin normal. Ich fühle mich rundum wohl.“ Der gebürtige Gelsenkirchener möchte jetzt anderen Menschen Mut machen, an ihren Zielen zu arbeiten. „In den meisten Fällen ist der Grund für Übergewicht nicht, dass das Essen so wahnsinnig lecker ist. Die Ursachen liegen meist tiefer begraben und werden über Jahre verdrängt. Ehrlich sein, mit anderen über seine Probleme sprechen und sich seinen Ängsten stellen – das sind die ersten Schritte im Kampf gegen die Pfunde.“
Bei dem 32-Jährigen kamen die vielen Kilos über Jahre hinzu. „Es war ein schleichender Prozess mit vielen Tiefen“, sagt er. Er habe nie gelernt, auf seinen Körper zu achten, sich bewusst zu ernähren, selbst zu kochen. „Ich war schon als Baby mit fünf Kilogramm Startgewicht ein echter Klopper. Ich habe einfach oft zu ungesund gegessen und bis vor kurzem nur sehr unregelmäßig Sport gemacht. Eine schlechte Mischung.“ Hänseleien in der Kita, Sechsen im schulischen Sportunterricht, abwertende Blicke in der Öffentlichkeit – für den Mann mit libanesischen Wurzeln gehörte das bislang zum Alltag. Hinzu kamen Misserfolge in Schule und Studium. „Die waren aber alle hausgemacht“, gibt er zu.
2006 bricht er das Abitur am Marie-Curie-Gymnasium in Recklinghausen ab. Doch mit einem Jahrespraktikum sichert er sich sein Fachabitur und beginnt, an der Fachhochschule Recklinghausen Internationales Wirtschaftsrecht zu studieren. Nach vier Semestern ist Schluss – „auch das habe ich einfach nicht durchgezogen“. Genau, wie die anschließende Ausbildung zum IT-Kaufmann. „Mit Anfang 20 habe ich mich wie ein Versager gefühlt. Essen war mein Ventil. Und die Waage mein Feind.“ Eine feste Anstellung in einem IT-Geschäft in Hagen und ein nebenberufliches BWL-Studium bringen Karrenberg zurück in die Spur. „2015 war das Studium abgeschlossen. Da war ich 27 – und habe zum ersten Mal gedacht: Du schaffst ja tatsächlich etwas.“
Doch die Pfunde wollen trotzdem nicht purzeln. „Weil es niemanden gab, der mir in meinen Allerwertesten getreten hat“, sagt Karrenberg und lacht. Doch dann kam Freundin Anni, die ihn davon überzeugte, an der Abnehm-Show teilzunehmen. Schon vor der Sendung schaffte Karrenberg es, selbst ein paar Pfunde zu verlieren. „Aber mit 200 Kilogramm und Kleidergröße 5-6 XL fühlte ich mich immer noch massig. Deshalb war das Format der richtige Weg für mich.“ Dass das nicht auf jeden zutrifft, sei ihm bewusst. Er selbst habe sich aber von Anfang an auf diese Form der Öffentlichkeit einlassen können und hätte kein Problem damit gehabt, seine Erlebnisse und Gefühle mit fremden Menschen und den Zuschauern zu teilen.
Zweieinhalb Monate durchlief der damalige Sportmuffel gemeinsam mit anderen Übergewichtigen ein Bootcamp auf der griechischen Insel Naxos, unterstützt von fachkundigen Trainern und immer begleitet von TV-Kameras. Maximal 800 Kalorien am Tag, zahlreiche Sportübungen und Gespräche mit Ernährungsberatern standen in dieser Zeit auf der Tagesordnung. Anschließend musste er zeigen, dass er das harte Sport- und Ernährungsprogramm auch zuhause umsetzen und in seine Alltag integrieren kann. Am Ende der medialen Abnehmreise verliert Karrenberg fast 88 Kilogramm – und beendet die Show damit als Fünfter.
Ein paar Wochen nach der Finalsendung sind zwar schon wieder knapp 12 Kilogramm dazugekommen. Aber das bereitet dem IT-Fachmann keine Sorgen. „Ich kann ja nicht dauerhaft nur 800 Kalorien zu mir nehmen. Mein Wunschgewicht liegt bei 115 Kilo. Ich bin mir sicher, dass ich das noch in diesem Jahr erreichen werde. Denn ich koche täglich frisch und gesund – eine Kombination, die ich vor ein paar Monaten noch gar nicht kannte. Außerdem lese ich jetzt haufenweise Ernährungsratgeber, achte auf meinen Körper und mache viel Sport. Ich fühle mich topfit. Endlich.“
Rundum glücklich sei er aber trotzdem nicht. Denn wegen der Corona-Pandemie endete Karrenbergs neuer Job bei einem Dortmunder IT-Unternehmen kürzlich in der Probezeit. „Ich kann diesen Schritt nachvollziehen und bin nicht sauer. Die aktuelle Lage stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen. Trotzdem bewerbe ich mich gerade auf andere freie Stellen – und versuche, meiner Community in den sozialen Medien weiterhin Mut zu machen.“ Das bringe ihm zwar kein Geld, aber jede Menge Freude. Auf seinem Instagram-Account zeigt er seinen rund 14.000 Abonnenten regelmäßig, wie er sich in Zeiten von Corona fit hält. Gemeinsam mit seinem Fitnesstrainer im heimischen Bergkamen bietet er mittwochs ab 19 Uhr ein kostenloses Live-Work-out an. Denn die Motivation, die er in den vergangenen Monaten erhalten habe, wolle er ab jetzt weitergeben. Karrenbergs Mutter hätten seine Ratschläge und seine neugewonnene Lebensenergie in den vergangenen Wochen geholfen.
Sie hat schon zwölf Kilo abgenommen. Das macht mich total stolz.
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