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Die Besten im Westen

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Der Mutmacher


01. Juni 2021

Kommunikation und Austausch auf Augenhöhe - das ist Michael Müller in seinen Mentorenprogrammen bei Arbeiterkind und im Jungen Initiativkreis Ruhr wichtig. (Foto: Materna)

In unserer Serie „Die Besten im Westen“ stellen wir junge Persönlichkeiten aus unserem Netzwerk vor, die für individuelle Erfolgsgeschichten stehen. Diesmal im Fokus: Michael Müller, der jungen Menschen aus Nicht-Akademiker-Familien Möglichkeiten aufzeigen und Horizonte eröffnen möchte.

Hand aufs Herz. Wie oft kommt es doch bei jedem von uns vor, dass der Konjunktiv sich einschleicht. „Hätte ich dieses doch früher gewusst …“ oder „Hätte ich jenes mal anders gemacht“ sind Phrasen, die dazu angetan sind, sich selbst mit vergebenen Chancen zu quälen. Es gibt den Schlag Menschen, der sich aus diesem Teufelskreis nicht befreien kann. Und es gibt die anderen. Die, die Energie und Talent haben, auch aus vermeintlichen Fehlentscheidungen noch das Beste rauszuholen. Michael Müller ist so ein Mensch. Mit „Hätte ich das mal früher gewusst!“ hat sich der 31-Jährige noch nie lange aufgehalten. Stattdessen macht er es einfach beim nächsten Mal besser – und wenn schon nicht für sich, dann eben für andere. Zum Beispiel mit seinem Engagement bei Arbeiterkind.de – einer Organisation, die jungen Menschen unter die Arme greift, die als erste in ihrer Familie studieren. Eben diese Herausforderung war es, vor der Michael selbst vor zehn Jahren stand. „Ich war das klassische Arbeiterkind“, erzählt er. Auf dem Weg zum Abschluss machte er sich dabei aus Unwissenheit das Leben manches Mal schwerer als nötig. Und damit andere junge Menschen nicht in dieselbe Falle tappen, engagiert sich Michael als Mentor bei Arbeiterkind.de.

In erster Linie wollen wir vermitteln, dass es immer richtig ist, Fragen zu stellen.
Michael Müller ist Account-Manager beim Initiativkreis-Unternehmen Materna in Dortmund. (Foto: Materna)

Rückblick: Wir schreiben das Jahr 2011. Es ist Michaels erstes Semester im Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Fachhochschule in Meschede. Wirtschaftsmathematik steht auf dem Stundenplan, doch bevor es mit dem Stoff losgeht, erwartet die Studierenden noch ein Vortrag der besonderen Art. Katja Urbatsch ist da. Die Gründerin von Arbeiterkind.de erzählt von ihrer Initiative, was die Organisation leistet und wie sinnstiftend die Arbeit ist. „In so vielen Themen, die sie angesprochen hat, habe ich mich wiedergefunden“, erinnert sich Michael. Also packt er den Stier bei den Hörnern und entscheidet, sich bei der Organisation zu engagieren. Neun Jahre und drei Monate später ist er immer noch dabei. Zwar gestaltet sich das heute schwieriger als noch zu Studienzeiten. Dennoch lässt sich das Ehrenamt auch mit dem Job gut verquicken, findet er. Und Spaß macht es wie eh und je, wenn Michael – als einer von bundesweit 6.000 Mentoren – Schülern hilft, Zugang zum Thema Studium zu bekommen. „In erster Linie wollen wir vermitteln, dass es immer richtig ist, Fragen zu stellen“, beschreibt er seine Rolle.

Stipendien sind für viele junge Menschen interessant

„Wir versuchen, Ängste abzubauen, denn nicht jeder traut sich, einfach irgendwo anzurufen und Informationen einzufordern. Unsere Botschaft ist deshalb: bitte keine falsche Scheu. Die Leute bei der Studienberatung zum Beispiel sind dazu da, Fragen zu beantworten.“ Dabei brennen Schülern zunächst oft vermeintlich banale organisatorische Dinge auf den Nägeln. Wo gibt es Informationen zu bestimmten Studiengängen? Wie sind die einzelnen Fächer aufgebaut? Wie komme ich an einen Platz – und was zum Kuckuck sind eigentlich Credit Points? Ein weiteres immerwährendes Thema ist das liebe Geld. „Gerade in Sachen Finanzierung gibt es viele Ängste, Sorgen und Fehlinformationen“, hat Michael beobachtet. „Wir versuchen, offen zu sprechen – zum Beispiel auch darüber, wie wir selbst das seinerzeit gestemmt haben. Daneben ist uns wichtig, die Möglichkeiten eines Stipendiums ins Spiel zu bringen. Denn nicht nur Einser-Kandidaten haben Chancen darauf!“ Das A und O sieht Michael darin, Vorbild zu sein und zu vermitteln. „Viele Jugendliche aus Nicht-Akademiker-Familien haben wenig Vorstellung davon, was man mit einem BWL- oder einem Chemie-Studium eigentlich anfangen kann. Oder welche Hürden auf einen zukommen“, sagt er. „Deshalb erzählen wir gern von uns und unseren eigenen Erfahrungen.“

Ein Ziel: Neue Einblicke schaffen

Möglichkeiten aufzeigen, Horizonte eröffnen – genau darin sieht Michael seine Aufgabe. „Dass Kinder aus Nicht-Akademiker-Familien seltener studieren, liegt keinesfalls an mangelnder Intelligenz. Es liegt am fehlenden Zugang.“ Ihn selbst motiviert es immer wieder, dass häufig nur ein kleiner „Schubs“ nötig ist, damit die jungen Menschen ihren Weg finden. „Oft reicht es, einfach Zuversicht auszustrahlen. Und schon fluppt es!“ Außerdem zieht er auch für sich etwas aus den Begegnungen. „Eine andere Perspektive einzunehmen und sich mit jüngeren Leuten auszutauschen – das bringt mir persönlich auch immer neue Einblicke“, sagt er.

Das war auch der Grund, warum Michael inzwischen bei einer weiteren solchen Initiative mitmacht – beim Mentorenprogramm des Jungen Initiativkreises Ruhr nämlich. Bei dem Format, das Mitte Mai gestartet ist, nehmen Mitglieder des Bündnisses Absolventen unter ihre Fittiche, um ihnen den Einstieg in den Job zu erleichtern. Michael hat sich nach dem offiziellen Kick-off schon einmal mit seiner Mentee Esra getroffen und sich mit der jungen Frau über ihre beruflichen Pläne unterhalten. Das werden sie nun regelmäßig wiederholen, kleine Schritte vorwärts machen oder auch Ziele nachjustieren. In jedem Fall wird es beide weiterbringen, davon ist Michael überzeugt. Ihn fasziniert das Programm, und er findet beeindruckend, wie gut geplant und durchdacht es ist, erzählt er. „Es bietet auf jeden Fall viele Einblicke, von denen man sonst als Studierender weit weg ist“, meint Michael.

Junger Initiativkreis Ruhr

Der Junge Initiativkreis Ruhr (JIR) setzt sich als Botschafter für ein junges Ruhrgebiet ein. Seit seiner Gründung 2016 ist der Leitgedanke des Thinktanks, der sich aus Fach- und Führungskräften der Unternehmen des Initiativkreises zusammensetzt, jungen Menschen Perspektiven aufzuzeigen.

Gemeinsam mit byondX hat der JIR das digitale Event what if... work is passion ins Leben gerufen. Das innovative Format fand erstmalig am 18. März 2021 statt, konnte kostenlos gestreamt werden und war ein voller Erfolg. Bei der Veranstaltung für Studierende kamen Menschen um die 30 mit unterschiedlichen Lebenswegen und Berufen zu Wort.

Anschließend startete das Mentorenprogramm. Netzwerken, sich austauschen, von den Erfahrungen der 20 Mentorinnen und Mentoren profitieren und Einblicke in zukunftsfähige Branchen bekommen – all das erwartet die Studierenden kostenlos beim Mentorenprogramm. Neben dem persönlichen Austausch erwartet die Mentees ein exklusives Rahmenprrogramm. Das Mentoring läuft noch bis Mitte Oktober.

Ich mag das Ruhrgebiet. Die Menschen sind so herrlich ehrlich.

Mit seiner Begeisterung ist er nicht alleine: 20 Mentorinnen und Mentoren aus den Initiativkreis-Mitgliedsunternehmen sind Feuer und Flamme für das Programm und begleiten Studierende aus der Region beim Start ins Berufsleben. Michaels Schützlingen bei Arbeiterkind.de wie auch Mentee Esra profitieren davon, dass er weiß, wovon er spricht: Er selbst hat sich auch durchgebissen – nach dem Studium aber schnell einen passenden Job gefunden: Account-Manager bei Materna, einem IT-Dienstleister in Dortmund, der vor allem B2B-Lösungen offeriert.

Seine private Bleibe hat Michael in Essen gefunden. „Ich mag das Ruhrgebiet. Die Menschen sind so herrlich ehrlich“, sagt der aus Polen stammende junge Mann über seine „zweite Heimat“. „Das ist mit ein Grund, warum ich hier etwas bewegen möchte. Außerdem gibt es viel Potenzial, das man noch heben kann.“

Sie haben Fragen an Michael Müller? Dann schreiben Sie uns eine E-Mail.


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