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Fünf Vorbilder für innovative Nachwuchsförderung


07. November 2019

Die Preisträger des TalentAward Ruhr 2019 (v.l.): Mark Bienk, Prof. Dr. Frank Striewe, Oliver Jantz, Schewa van Uden und Guntram Seippel. (Fotos: TalentMetropole Ruhr)

Bildung ist eine entscheidende Ressource des Ruhrgebiets. Die TalentMetropole Ruhr, Leitprojekt Bildung des Initiativkreises Ruhr, findet und fördert junge Menschen, die ihre schulischen und beruflichen Chancen bislang nicht optimal nutzen. Mit dem TalentAward Ruhr zeichnet sie Personen und Projekte aus, die sich besonders für den Nachwuchs engagieren. 2019 dürfen sich fünf Talentförderer aus der Region über den zum siebten Mal verliehenen Preis freuen.

Mark Bienk aus Mülheim an der Ruhr

 

Mädchen haben kein Talent für Technik? Solchen Vorurteilen begegnet Mark Bienk häufig. Der 52-jährige MINT-Beauftragte und Projektkoordinator Robotik der Gesamtschule Saarn in Mülheim an der Ruhr weiß es besser. Er entwickelt im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) Netzwerke im Sinne einer programmierten Bildungskette: Studierende der Universität Duisburg-Essen machen OberstufenschülerInnen fit in technischen Disziplinen (Schwerpunkt Robotik) und vermitteln ihnen das Rüstzeug, um Workshops und Arbeitsgemeinschaften an Mülheimer Grundschulen zu leiten. Dabei entwickeln die 16- bis 18-Jährigen sowohl fachliche als auch soziale Kompetenzen und schaffen es, andere für MINT-Themen zu begeistern, die ihrerseits ihr Wissen weitergeben: SchülerInnen der Jahrgänge 5 und 6 etwa leiten an zwei Grundschulen Robotik-Arbeitsgemeinschaften und machen so noch jüngere Kinder neugierig auf Technik. Der Nachwuchsmangel in technischen Fächern hat für Bienk seinen Grund vor allem in einem lückenhaften Bildungsangebot: „Wenn Kinder und Jugendliche technischen Themen durchgängig vom Kindergarten bis zur Oberstufe begegnen würden, wäre die Chance groß, dass sie irgendwann auch eine Disziplin wie Robotik für sich entdecken“, sagt er.

Oliver Jantz aus Duisburg

 

Elektronik, Mikrocontroller und Computer – Oliver Jantz, 53, begeistert sich seit früher Jugend für die Technik-Welt. Sein Elternhaus hat ihn dabei stets unterstützt und seine Kreativität gefördert. „Andere Jugendliche haben nicht so viel Glück“, meint der Elektro-Ingenieur. Mit dem Verein DUISentrieb vermitteln Jantz und ein gutes Dutzend Mitstreiter SchülerInnen ab zwölf Jahren in wöchentlichen Workshops technisches Basiswissen – vom Zusammenbau eines Rechners bis zur Installation von Softwarepaketen. Gleichzeitig stärken Jantz und sein Team die sozialen Kompetenzen der jungen Menschen. In Räumlichkeiten, die das Duisburger Immobilienunternehmen GEBAG zur Verfügung gestellt hat, statten die Jugendlichen recycelte Computer mit Lernsoftware aus und stellen die Rechner sozialen Initiativen wie beispielsweise der Flüchtlingshilfe zur Verfügung. Auch unterstützen sie die neuen NutzerInnen bei der Arbeit mit den Geräten. „Im Idealfall organisieren das die Jugendlichen in Form einer Schülerfirma selbst“, erläutert Jantz. Die wöchentlichen Workshops sind mit jeweils zehn TeilnehmerInnen ausgebucht; in der offenen Werkstatt trifft sich meist ein halbes Dutzend Jugendliche, um an Computern zu basteln. Doch DUISentrieb möchte mehr sein als ein Ort, wo Jugendliche gelegentlich hingehen, um sich auszutauschen. Wenn wir uns treffen, geht es immer um ein konkretes Thema aus der EDV-Welt“, betont Jantz.

Guntram Seippel aus Gladbeck

 

Talentförderung und konkrete Hilfe zur Selbsthilfe statt Schüleraustausch zum gegenseitigen Kennenlernen: Guntram Seippel, 48, Lehrer für Technik und Chemie, hat die langjährige Partnerschaft der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule in Gladbeck zu zwei Schulen in Sambia neu ausgerichtet. Seit 2003 sensibilisiert er SchülerInnen in einer freiwilligen AG für die Herausforderungen in der sambischen Strom- und Wasserversorgung. Die Jugendlichen lernen, Photovoltaikanlagen zu bauen, die sie gemeinsam mit sambischen SchülerInnen an deren Schulgebäuden montieren. Im Sommer darauf sind ihre Familien Gastgeber für junge Besucher aus Sambia. „Unsere AG möchte mit gezielten technischen Projekten dazu beitragen, die Situation der Menschen zu verbessern und gleichzeitig die Fähigkeiten, das Verantwortungsbewusstsein und die Sozialkompetenz der SchülerInnen stärken“, sagt Seippel. Seine Motivation fasst er so zusammen: „Es macht Freude zu sehen, wie Jugendliche an so einem Projekt jeden Tag ein Stück wachsen.“ Die schönste Bestätigung für die Arbeit der Sambia AG ist der Werdegang der jungen Sambierin Nangoma Hampuwo. Sie nahm 2010 und 2011 an den Schüleraustauschen teil, studierte später Physik und vermittelt heute als Lehrerin SchülerInnen technische Kenntnisse, unter anderem über Solarstromanlagen.

Prof. Dr. Frank Striewe aus Essen

 

Frank Striewe, 49, hat die guten Zeiten des BV Altenessen 06 in den Siebziger- und Achtzigerjahren als Spieler miterlebt. Damals kickte der Fußballclub aus dem Essener Norden in der dritthöchsten deutschen Liga. Umso mehr schmerzte es den Inhaber eines Lehrstuhls am Institut für Technische Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Münster, als der BVA 06 im Jahr 2014 zum Synonym für das Gewaltproblem im deutschen Amateurfußball wurde. Als daraufhin die Jugendabteilung immer weniger Zulauf hatte, entschloss Striewe, zu handeln. Er übernahm Verantwortung als Trainer und Jugendleiter und warb um Mitstreiter, die junge Kicker nicht nur auf dem Fußballplatz begleiten sondern sie auch in Bildungsfragen unterstützen. In Kooperation mit einer Stiftung und der Universität Duisburg-Essen bietet der Verein in den Oster- und Herbstferien ein kostenloses Fußballcamp für Kinder an. „Wir sind nicht in erster Linie Trainer und suchen einen neuen Messi, sondern wir sind viel mehr Sozialarbeiter“, betont Striewe. Sein Anliegen, Kindern und Jugendlichen Orientierung zu bieten, trägt Früchte. Seit geraumer Zeit hat die Jugendabteilung des BVA 06 wieder Zulauf. Viel wichtiger aber: Der Verein ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe und ist Anlaufpunkt im Stadtteil. „Jetzt gilt es dranzubleiben. So eine Initiative darf nicht nur ein Strohfeuer sein.“

Schewa van Uden aus Duisburg

 

Schewa van Uden, 39, leitet das Aletta Haniel Programm an der gleichnamigen Gesamtschule in Duisburg. Das Programm unterstützt Jugendliche von der achten bis zur zehnten Klasse dabei, ihre Stärken zu entdecken, ihre Noten zu verbessern und den Einstieg ins Berufsleben zu meistern. Van Uden hat das Programm mit den Bausteinen Förderunterricht, Aufklärungsarbeit, Sozialkompetenztraining, Berufsorientierungstage, Hilfe bei Bewerbungsschreiben und Elternarbeit selbst entwickelt. Besonders wichtig ist der studierten Sozialwissenschaftlerin dabei vor allem die individuelle maßgeschneiderte Beratung und Betreuung – sie holt die Kinder da ab, wo sie stehen: „Wenn es zu Hause nicht gut läuft oder andere Sorgen drücken, haben für viele Jugendliche die Schule und ein guter Abschluss eben nicht oberste Priorität. Deshalb müssen wir gucken, was genau gebraucht wird“, erklärt van Uden, die beim Kommunalen Integrationszentrum Duisburg angestellt ist. Viele „ihrer“ Kinder haben es zu einem guten Schulabschluss und einer Ausbildung gebracht. Wenn van Uden erlebt, wie die Mädchen und Jungen lernen, ihr Potenzial zu nutzen, geht ihr das Herz auf. „Ich freue mich wahnsinnig, wenn ich Jugendliche habe, bei denen ich Stärken entdecke, und diese durch die passende Förderung auch abgerufen werden können. Und wenn ich diese Freude dann auch bei den Jugendlichen entfachen kann, dann habe ich alles richtig gemacht.“

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