Aktuell

Lachen und Lernen: das Erfolgsprinzip der Gebrüder-Grimm-Schule


29. August 2019

Großer Jubel bei der Preisverleihung: Das Team der Gebrüder-Grimm-Schule. (Foto: Robert Bosch Stiftung / Max Lautenschläger)

Die Gebrüder-Grimm-Schule in Hamm-Bockum-Hövel zeigt seit Jahren, wie man mit viel Engagement und Gemeinsinn Kinder bildet und fördert. Jetzt wurde ihre Arbeit mit dem „Deutschen Schulpreis 2019“ ausgezeichnet. Bei den TalentTagen Ruhr im September wird sie allen Interessierten ihr Siegerkonzept vorstellen.

Es ist der 5. Juni, 14.28 Uhr: Der Lärm ist ohrenbetäubend. Die Kinder reißen die Arme hoch, hüpfen, kreischen, jubeln – ausgelassene Freude herrscht in der Aula der Gebrüder-Grimm-Schule an diesem Nachmittag. Gerade wurde in Berlin verkündet, dass die Grundschule in Hamm-Bockum-Hövel die deutsche „Schule des Jahres“ 2019 ist. 49 Schulen hat sie hinter sich gelassen. Diese Jubelbilder schaffen es am Abend sogar bis in die „ARD-Tagesthemen“.
Der Hauptpreis geht zum zweiten Mal ins Ruhrgebiet. 2006 war die Grundschule „Kleine Kielstraße“ in der Dortmunder Nordstadt der erste Gewinner des „Deutschen Schulpreises“. In Hamm ist Rektor Frank Wagner stolz. Die Auszeichnung ist der Lohn für eine jahrelange, beharrliche Arbeit und eine funktionierende Schulgemeinschaft. Wer den 45-Jährigen nach dem „Erfolgsrezept“ fragt, hört immer wieder ein Wort: Wertschätzung! Die brauche jeder Mensch, sagt Wagner, seit zwölf Jahren Rektor der Schule. „Aber die Kinder in diesem Alter brauchen Wertschätzung ganz besonders. Und die kriegen sie hier!“

Lachen gehört an der Gebrüder-Grimm-Schule unbedingt dazu. (Robert Bosch Stiftung / Traube 47)

Das Image der Brennpunktschule abgeschüttelt

 

Bis vor kurzem „genoss“ die Gebrüder-Grimm-Schule noch den Ruf einer Brennpunktschule“: strukturschwacher Stadtteil, hohe Migrantenanteil, überdurchschnittliche Inklusionsquote. Keine leichte Aufgabe in einem viel zu kleinen Gebäude mit überfüllten Klassen und zu wenigen Lehrkräften. „Das Image haben wir abgeschüttelt“, versichert Frank Wagner und ergänzt: „Das liegt an den Systemen, die wir installiert haben.“
Ein Beispiel ist das Ritual der Schulversammlung, bei dem ein Kind mit einer Urkunde ausgezeichnet wird. Diese wird öffentlich vorgelesen, und die Eltern bekommen den Lob-Brief nach Hause geschickt. Ausgezeichnet werden damit Schüler, die Außergewöhnliches geschafft haben.
Toni aus der 2. Klasse zum Beispiel. Er stammt aus Mazedonien und sprach bei der Einschulung kein Wort Deutsch. „Du hast selbstständig gelernt, um Dein großes Ziel zu erreichen, nämlich lesen zu können. Du kannst sehr stolz drauf sein“, sagt Wagner ins Mikrofon. Es gibt donnernden Applaus von den Mitschülern, und der kleine Toni weiß vor Verlegenheit gar nicht, wo er hingucken soll.

Schulleiter Frank Wagner nahm den Preis entgegen. (Foto: Robert Bosch Stiftung / Max Lautenschläger)

In den Problemen immer auch eine Chance sehen


Lachen – Leisten – Lesen: Schon die Reihenfolge im Schulmotto zeigt, wie die Schule „tickt“. Nicht nur über „schlechte Rahmenbedingungen“ klagen, spornt Wagner sich und das Kollegium immer wieder an, „sondern in den Problemen immer auch eine Chance sehen.“
Ein Beispiel: Um effektiveren Unterricht zu machen, wird eine 30er-Klasse kurzzeitig einfach aufgeteilt: Die einen bleiben im Raum, die anderen gehen ins sogenannte Lern-Kaleidoskop. Das sind drei Werk- und Experimentierräume, wo Kinder aller Jahrgangsstufen die Möglichkeit haben, ihre individuellen Vorlieben und Talente zu finden. Das Angebot reicht von Werkeln mit Hammer und Nagel bis hin zum selbstständigen Entwerfen von digitalen Spielen am Tablet. Andere spielen Theater oder machen Musik. Die kleine Zoi aus der 4. Klasse sagt: „Ich finde die Lerninseln toll, weil es Spaß macht und ich hier jeden Tag hinkommen kann.“

Lob für die TalentMetropole Ruhr


Überhaupt ist „Talentförderung“ die zweitwichtigste Leitschnur der Schule. Deshalb beteiligt sie sich in diesem Jahr erstmals an den TalentTagen Ruhr 2019 (18. – 28. September) der TalentMetropole Ruhr (TMR). Die TMR ist das Leitprojekt Bildung des Initiativkreises Ruhr. Am Samstag, 21. September, von 9:30 – 12:30 Uhr lautet das Motto der Schule an der Berlinerstraße 137 in Hamm: „Wie Kinder lachend Leistung lieben lernen...“ Rektor Wagner lobt die Aktionstage im September. „Das ist ein guter und wichtiger Ansatz. Deshalb machen wir gerne mit und präsentieren unsere Arbeit.“
Das Hammer Konzept hat die Jury des Deutschen Schulpreises überzeugt: „Die Gebrüder-Grimm-Schule hat die Not zum Motor ihrer Entwicklung gemacht“, sagt Professor Michael Schratz, Erziehungswissenschaftler von der Universität Innsbruck und Sprecher der Jury. „Als Brennpunktschule, die in räumlicher Enge und mit wenigen Ressourcen zurechtkommen musste, hat sie in den vergangenen zehn Jahren eine Umgebung geschaffen, in der Lernen hervorragend gelingt. Ein exzellentes Vorbild für innovative Schulentwicklung, von dem andere Schulen lernen können.“
Demnächst bekommt die Schule einen eingeschossigen Anbau. Dort werden weitere Lerninseln untergebracht. Ein Teil des 100.000-Euro-Preisgeldes aus Berlin wird in die Innenausstattung gesteckt; in Mobiliar, das eher untypisch ist für eine Schule. Frank Wagner wünscht sich für den künftigen Leseraum einen alten, massiven Bauernschrank. Dem baut der die Rückwand aus, um damit einen besonderen Effekt zu erzielen. „Dann gehen die Kinder – wie im Märchen – durch den alten Bauernschrank in ihre Lesewelt.“

Diesen Beitrag

Auf Social Mediateilen

Bleiben Sie immer gut informiert