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Lina – soziales Multi-Talent mit bewegter Vergangenheit


21. April 2020

Fleißig, sozial, bescheiden, engagiert, talentiert – das alles sind Eigenschaften, die auf die Gymnasiastin Lina Haj Omar zutreffen. (Foto: TMR)

Die TalentMetropole Ruhr, Leitprojekt Bildung des Initiatvkreises Ruhr, möchte junge Menschen motivieren, ihre eigenen Erfolgsgeschichten zu schreiben. Bei Lina Haj Omar hat das geklappt. 2016 flüchtete sie mit ihrer Familie aus Syrien. 2023 will die 17-Jährige an der UNESCO-Schule in Essen ihr Abitur machen.

Als Lina Haj Omars Heimat noch Syrien war, konnte sie Donnerstage kaum erwarten: „Dann haben wir uns immer mit der ganzen Familie getroffen, viel gesungen, gegessen und gespielt. Mehr als 20 Personen kamen da zusammen. Das war immer ein schönes Erlebnis.“ Doch Lina hat auch schlimme Erinnerungen mit nach Deutschland gebracht – etwa vom Beginn der syrischen Aufstände 2011, als sie und ihre Familie miterleben mussten, wie vor ihnen mehrere Autos explodierten. „Diesen Tag vergesse ich nie. Aber durch den Krieg weiß ich zu schätzen, wie gut es mir in Deutschland geht und wie dankbar ich für die vergangenen vier Jahre sein kann.“ Seit 2016 besucht Lina die UNESCO-Schule in Essen. 2023 will sie dort ihr Abitur machen, anschließend Soziale Arbeit studieren. „Um anderen Menschen zuzuhören, Mut zu machen und zu helfen – egal ob in Deutschland, Syrien oder woanders auf der Welt."

Fleißig, sozial, bescheiden, engagiert, talentiert – das alles sind Eigenschaften, die auf die 17-Jährige zutreffen. Sie schreibt gute Noten, ist Klassensprecherin und besucht die Kunst-AG ihrer Schule. Sie spricht Deutsch („auch wenn die Grammatik einfacher sein könnte“), Arabisch, Kurdisch und Englisch. Sie lernt Gitarre, fotografiert und verschlingt Bücher. Kein Wunder also, dass sie 2019 für das TalentCamp Ruhr der TalentMetropole Ruhr vorgeschlagen worden ist – von Turgay Tahtabas, der 2017 den TalentAward Ruhr für sein Engagement im Zukunft Bildungswerk Essen gewonnen hat. Tahtabas kennt die Teenagerin, weil sie mit weiteren Geflüchteten musikalische Projekte und Veranstaltungen in seinem Essener Bildungswerk umgesetzt hat. Und so verbrachte Lina gemeinsam mit 39 Jugendlichen zehn Tage in Gelsenkirchen. Im Workshop „Pott Sounds“ entdeckte sie schnell ein weiteres Talent an sich:

Jetzt weiß ich, wie man technisch ein Hörspiel produziert. Das war eine tolle Erfahrung.
Beim TalentCamp Ruhr 2019 nahm Lina (auf dem Foto ganz rechts) am Workshop „Pott Sounds“ teil - und war begeistert. (Foto: TMR)

Auch an den regelmäßigen Alumni-Treffen des TalentCamps Ruhr nahm die Teenagerin mit großer Begeisterung teil – etwa während der TalentTage Ruhr 2019.  In der „OASE“ der Ruhr-Universität Bochum reflektierten die Jugendlichen ihre gewonnenen Eindrücke aus dem Sommer und überlegten gemeinsam, wie sie diese für ihre persönliche Zukunft nutzen können. „Das waren immer tolle Gespräche. Mit einigen Teilnehmern tausche ich mich noch per Whatsapp aus. Das ist bestimmt auch für die Zeit nach der Schule eine super Sache.“ Und weil ihr das TalentCamp Ruhr in so guter Erinnerung geblieben ist, macht die Zehntklässlerin auch beim nächsten Mal wieder mit – als Praktikantin. „Ich möchte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gerne dabei helfen, ihre Schüchternheit abzulegen. So viele neue fremde Menschen kennenzulernen, ist ja nicht für jeden einfach.“

Nicht ganz so einfach findet Lina die aktuelle Situation rund um die Corona-Pandemie. „So lange war ich noch nie mit meiner Familie alleine zuhause. Ich bin ein Mensch, der gerne unterwegs ist und sich mit Freunden trifft. Das vermisse ich.“ Seit Wochen fehle ihr der Input der Mitschüler. „In der Schule lerne ich am besten. Deshalb bin ich froh, dass die Zentralen Anschlussprüfungen für die zehnten Klassen abgesagt worden sind.“ Ins Wasser fallen muss aber auch die angedachte Abschlussfeier. „Ich hätte sie als Klassensprecherin gerne geplant und meinen Verwandten in Syrien anschließend davon erzählt. Aber die Gesundheit geht vor.“

Bei ihrem erfolgreichen Bildungsweg haben Lina vor allem ihre Eltern und gute Freunde geholfen, die sie schnell in Deutschland gefunden habe. „Meine Mama und mein Papa sprechen noch nicht perfekt Deutsch. Aber sie unterstützen und motivieren mich und meine beiden Geschwister, wo sie nur können. Das hilft uns sehr“, betont der Teenager. Familie und Freunde stehen für Lina deshalb auch an erster Stelle. Wie wäre es dann mit einem Donnerstagsritual, das sie mit ihren Eltern und Geschwistern auch in Essen zelebrieren kann? „Eine gute Idee“, sagt Lina und lacht. „Ich kümmere mich drum.“

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