Mentoring für Frauen mit Format
09. Dezember 2021




Weibliche Talente im Unternehmen aufspüren und gezielt fördern - das ist Ziel des Mentoring-Programms von Competentia MEO, eines von 16 Kompetenzzentren Frau & Beruf in NRW. Warum das wichtige Meilensteine für die Fachkräftesicherung im Ruhrgebiet sind und wie das Programm ankommt - darüber haben wir mit der Leiterin des Zentrums für die Region Mülheim an der Ruhr, Essen und Oberhausen gesprochen.
Die Situation auf dem Arbeitsmarkt im Ruhrgebiet ist angespannt – insbesondere vor dem Hintergrund des prognostizierten Fachkräftemangels und mit Blick auf Corona. Doch was können kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) dagegen tun? Eine Antwort ist: Frauen gezielt bei ihrem beruflichen Karriereweg zu unterstützen. Mit dem Programm „Competentia NRW" macht sich die Landesregierung dafür stark, die Chancengleichheit von Frauen und Männern im Beruf zu verwirklichen. Die 2012 gegründeten 16 Kompetenzzentren unterstützen kleine und mittlere Unternehmen in NRW dabei, eine frauen- und familienfördernde Personalpolitik zu etablieren. Den KMUs bietet das die Möglichkeit, für mehr weibliche Fachkräfte interessant zu sein und sich von der Konkurrenz abzuheben. Wir haben mit Lina Spliethoff, Leiterin von „Competentia MEO" in der Region Mülheim an der Ruhr/Essen/Oberhausen (MEO) über die Ziele, Erfolge und Bedeutung der Initiative gesprochen.




Frau Spliethoff, Sie leiten Competentia MEO, eines von 16 Kompetenzzentren Frau und Beruf in NRW. Was sind die Ziele Ihrer Organisation und wie möchten Sie diese erreichen?
Unser Ziel ist es, kleine und mittlere Unternehmen für das Fachkräftepotential von Frauen zu sensibilisieren. Die Erwerbsbeteiligung von Frauen in der Region ist ausbaufähig: Competentia MEO leistet ihren Beitrag zur Fachkräftesicherung mit den Fokussen: Vernetzen von KMU und weiblichen Nachwuchstalenten, Verankerung einer Lebensphasenorientierung als Wettbewerbsfaktor sowie Unterstützung von Talentmanagementstrategien für weibliche Fach- und Führungskräfte.
Initiiert und gefördert wird Ihr Kompetenzzentrum durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen. Warum ist es wichtig, dass bei dem Thema Frauenförderung auch die Landespolitik unterstützt?
Genau, das Ministerium und der Europäische Fonds für regionale Entwicklung ermöglichen das Projekt. Zudem leisten die Kommunen einen Eigenanteil. Unsere Bestreben im Projekt ist es, mittelbar den Arbeitsmarkt zu verändern. Wir tragen dazu bei, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, indem wir die Potentiale, die die Region hat und bietet, voll ausschöpfen können. Das ist ein Arbeitsmarktpolitisches Thema und unser Kompetenzzetrum „Frau & Beruf MEO" leistet diesen Beitrag mit einem vierköpfigen Team in Essen. Wir können Impulse geben und Dinge anschieben: Für eine langfristige Etablierung und Umsetzung im Arbeitsmarkt ist aber die Landespolitik essentiell!




Seit dem 21. September 2021 läuft die 3. Runde Ihres Programms „Rück auf“ – Mentoring für weibliche Fach- und Führungskräfte. Wie läuft es ab und warum haben Sie es initiiert?
Aktuell gestalte ich mit großer Freude die dritte Runde des Programms mit. Es gehört zu dem bereits angesprochenen Fokus „Unterstützung von Talentmanagementstrategien für Fach- & Führungskräfte“. Dabei bringen wir Mentees und Mentor:innen passgenau zusammen und begleiten den Prozess moderativ und inhaltlich über sechs Monate. Mentoring-Programme sind in aller Munde und in großen Unternehmen mit Konzernstrukturen meist fest etabliert, weil sie sich bewährt haben. Kleine und mittlere Unternehmen haben häufig nicht die Möglichkeit, ihren Nachwuchstalenten ein solches Programm anzubieten. Es fehlt an Zeit, Geld, Personal oder anderen Ressourcen wie etwa geeigneten Mentor:innen. Genau deshalb haben wir das Programm 2019 gestartet. Es freut mich sehr, dass auch zwei weibliche Fachkräfte der Initiativkreis Ruhr GmbH an dem Programm teilnehmen.
Gibt es konkrete Erfolgsgeschichten, von denen Sie berichten können?
Wir sind ja keine Vermittlung oder Beratung, deshalb ist die Wirkung unserer Arbeit nicht immer sofort ersichtlich oder messbar. Dennoch gibt es zig tolle Erfahrungen die wir fortlaufend bei der Arbeit sammeln. Im Rahmen eines Projektes im Handwerk zum Beispiel haben wir Auszubildende besucht, Interviewt und die Inhalte im Video festgehalten. Es war beeindruckend zu sehen, wie Frauen in einer Branche, in der ihr Geschlecht so unterrepräsentiert ist, ihr Ding machen und sich nicht beirren lassen. Ich finde es wichtig, solche Beispiele und Vorbilder zu zeigen: Um anderen Mut zu machen, und vielleicht damit zu bewirken, dass kein Mensch ein Interesse und ein Talent aufgrund von Klischees oder Rollenbildern verwirft. Wir haben tolle Unternehmen, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in der Region! Die Videos werden im Rahmen der Berufsorientierung an Schulen sowie von der VHS für Abschlussklassen genutzt.
Wie sah Ihr persönlicher Karriereweg aus? Und mussten Sie bislang Hürden in Kauf nehmen?
Ich bin in Duisburg geboren, habe nach dem Abitur Wirtschaftspsychologie studiert und immer viele verschiedene Jobs nebenbei gemacht. Ich finde es spannend, Einblicke zu gewinnen: Ob nun im Briefzentrum Briefe sortieren, bei der Zahnärztin als Stuhlassistenz tätig sein, in der Großgärtnerei Sträuße binden, beim Personaldienstleister im Recruiting arbeiten oder als Verkäuferin für einen Weinhandel mitanpacken. Das alles hat mir sicherlich geholfen, für mich zu erkennen, was ich will - und was nicht! Diese zahlreichen beruflichen Erfahrungen gehören zu meinem Weg und zu meiner persönlichen Entwicklung dazu. Nun kann ich dieses Wissen auch anderen Frauen weitergeben.
Wir haben tolle Unternehmen, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in der Region!




Was raten Sie jungen Frauen, die gerade Ihre Karriere starten?
Ich merke zunehmend, dass erst mein eigenes Erleben mich Ratschläge wirklich verstehen lässt. Von daher ist mein Ratschlag: Machen, Erfahrungen sammeln, ausprobieren - aber auch geduldig sein. In den meisten Fällen fallen wir ja weich. Aber ich glaube, dass viele Frauen so gut sind, dass sie erst gar nicht fallen. Von daher: Nicht vorher schon Zinsen zahlen für Schulden, die man eventuell gar nicht macht.
Sie sind ein Kind des Ruhrgebiets, leben in Duisburg und arbeiten in Essen. Hand aufs Herz: Werden Sie auch in der Region alt?
Ich vermute mal ja! Ich schätze die Nähe der verschiedenen Städte und den Facettenreichtum hier in der Region sehr. Sowohl die Orte, als auch die Menschen sind einfach abwechslungsreich und bereichernd. Ich bin hier sehr zufrieden und lebe gerne im Pott.
Mitarbeiterin der Initiativkreis Ruhr GmbH ist Teil des Programms
Anna Steinmeier ist seit Juni 2021 Projektmanagerin bei der Initiativkreis Ruhr GmbH. Sie organisiert alle Themen rund um den Jungen Initiativkreis Ruhr, der 2016 gegründet worden ist. Die 29-Jährige hat ihren Bachelor für Journalismus und PR an der Fachhochschule in Gelsenkirchen absolviert und anschließend einen Master in Politischer Strategie, Kommunikation und Foreign Policy in Brüssel gemacht. Warum sie seit Herbst 2021 an dem Essener Mentoren-Programm teilnimmt, hat sie uns in einem Interview verraten.




Anna, welchen Mehrwert bietet dir das Programm?
Während der Schulzeit und im Studium ist der eigene Weg durch Schuljahre und Semester vorgezeichnet, man weiß was als Nächstes kommt. Am Anfang des Berufslebens ist man manchmal von den vielen Möglichkeiten und Herausforderungen überfordert. Wie kommuniziere ich mit meinen Vorgesetzten? Wie verhandle ich mein Gehalt? Das sind Fragen, die aufkommen. Eine Mentor:in kann hier helfen, eigene Standpunkte zu definieren und langfristige Ziele zu entwickeln. Genau deshalb nehme ich an dem "Rück-auf-Programm" teil.
Wie sieht der Austausch mit deiner Mentorin konkret aus?
Wir sprechen alle zwei Wochen. Dabei geht es vor allem darum, wie ich jetzt die richtigen Weichen stellen kann, um mich und meine Themen besser zu positionieren. Ich profitiere unglaublich von dem Weitblick meiner Mentorin und ihre langjährigen Erfahrungen als Frau im Berufsleben.
Wie wichtig ist Mentoring für junge Frauen im Ruhrgebiet?
Das Ruhrgebiet ist eine offene Region. Dennoch gibt es auch hier Netzwerke, die über Jahre gewachsen sind. Gerade junge Frauen sind oft nicht so gut vernetzt. Daher ist das Mentoring eine tolle Möglichkeit, um ein eigenes Netzwerk aufzubauen.
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