Interviews

Ruhrgebiets-Preis „Hurz“ wird verliehen – Lachen ist erlaubt


27. August 2021

Der Bochumer Frank Goosen erhält am 6. September in Recklinghausen den Heimat-„Hurz“. (Foto: Ira Schwindt)

Die letzte Preisverleihung wurde verschoben - dann ohne Publikum gestreamt. Jetzt ist der Comedy-Preis „Hurz“ wieder da. Am 6. September findet die Live-Auszeichnung in Recklinghausen statt, es gibt auch einen kostenlosen Stream. Bülent Ceylan, Cordula Stratmann, Florian Schröder und Frank Goosen dürfen sich über den besonderen Ruhrgebiets-Preis freuen. Wir haben den Bochumer Autoren und Kabarettisten Frank Goosen vorab interviewt.

„Der Wolf, das Lamm – Hurz!“ Seit Jahren treibt dieser Sketch der gebürtigen Recklinghäuser Hape Kerkeling und Achim Hagemann dem Publikum Lachtränen in die Augen. Seit 2017 ist der skurrile Auftritt Namensgeber eines bedeutenden Ruhrgebiets-Comedy-Preises. Die mittlerweile fünfte Verleihung des „Hurz“ findet am Montag, 6. September, ab 19.30 Uhr live im Recklinghäuser Ruhrfestspielhaus statt. Vier der fünf Gewinner stehen bereits fest: Bülent Ceylan erhält den „Der-Wolf-das-Lamm-Hurz", der Bochumer Kabarettist Frank Goosen wird mit dem Heimat-„Hurz“ geehrt, Cordula Stratmann darf sich über den Ehren-„Hurz“ freuen und Florian Schröder erhält den erstmals verliehenen Pandemie-„Hurz“. Bei einem Live-Publikumsvoting wird entschieden, wer den Kleinen „Hurz“ bekommt. Tickets gibt es auf der Internetseite des Veranstalters.

Wir haben mit Frank Goosen vorab über Humor in schwierigen Zeiten, seine Liebe zum Ruhrgebiet und den VfL Bochum gesprochen.

Herr Goosen, was bedeutet Ihnen die Auszeichnung mit dem Comedy-Preis „Hurz“?
Das ist eine tolle Anerkennung meines ewigen humoristischen und erzählerischen Ringens mit meiner Heimat und ihren Leuten. Ich arbeite zwar mit daran, das Ruhrgebiet ein bisschen zu verklären, versuche aber, durch den Einsatz von Selbstironie der Gefahr der Selbstbesoffenheit zu begegnen.

Die Corona-Pandemie begleitet uns alle nun schon seit mehr als anderthalb Jahren. Wie lautet Ihr Zwischenfazit?
Ich bin zunächst mal froh, dass ich diese Zeit nicht mit kleinen Kindern durchmachen musste. Meine Jungs sind jetzt 20 und 18, und auch wenn der jüngere in diesen schwierigen Zeiten Abitur gemacht hat, musste er doch nicht durchgängig bespaßt werden. Ich ziehe den Hut vor Familien, die mit Vier- oder Sechsjährigen durch diese Zeit gehen. Beruflich habe ich mich so sehr weitergebildet wie noch nie. Ich habe Livestreams aus meinem Keller gemacht und mit „Goosen und Gäste – Unterhaltung mit Büchern“ einen professionell produzierten Literaturtalk auf www.streamfood.tv entwickelt. Und da ich lange Zeit keine Abendveranstaltungen hatte, habe ich in diesem Jahr im Rekordtempo die erste Fassung eines neuen Romans fertiggestellt. Als Autor kann ich gut auch längere Zeit allein sein. Ich bin aber doch sehr glücklich, dass ich jetzt wieder vor Menschen, die ich auch sehe, auftreten kann.

Wie wichtig ist Humor in diesen Zeiten?
Humor ist essentiell wichtig, um mit schwierigen Situationen klarzukommen und kann einem die dringend notwendige Ablenkung verschaffen, die man manchmal einfach braucht. Es ist kein Zufall, dass mein aktuelles Buch „Sweet Dreams – Rücksturz in die Achtziger“ sich humorvoll mit einer Zeit beschäftigt, in der es kein Corona gab. Ich hatte letztes Jahr großen Spaß beim Schreiben. Das war eine Art Auszeit in der eigenen Jugend.

Warum schreiben Sie so gerne über das Ruhrgebiet und die Menschen hier?
Die banale Antwort ist die Gegenfrage: Warum nicht? Zum einen kenne ich mich hier aus, zum anderen steckt im Ruhrgebiet die ganze Welt.

Sie leben mit ihrer Familie in Bochum. Fänden Sie es schlimm, wenn ihre beiden Söhne dem Ruhrgebiet beizeiten den Rücken kehren und in eine andere Metropole ziehen würden?
Nein, ich ermuntere sie sogar, hinaus in die Welt zu gehen und ihre eigenen Erfahrungen zu machen. Ich gehe davon aus, dass ihre Herkunft sie schon jetzt so stark geprägt hat, dass sie die immer dabei haben.

Humor ist essentiell wichtig, um mit schwierigen Situationen klarzukommen.
Foto: Martin Steffen

Was Ihr Lieblingsort im Ruhrgebiet?
Da gibt es mehrere. Prinzipiell fast alle Orte, von denen aus man weit gucken kann. Da fallen einem natürlich unsere zahlreichen Halden ein. Dann mein Sitzplatz im Stadion. Der Bochumer Stadtpark.

Sie sind Fan des VfL Bochum und waren dort auch sieben Jahre im Aufsichtsrat tätig. Wirtschaftswelt und Kulturwelt – Was sind die größten Unterschiede? Und wo gibt es vielleicht auch Gemeinsamkeiten?
Ein Profiverein unterliegt zwar wirtschaftlichen Zwängen, ist aber vor allem eine Emotionsmaschine, im Guten wie im Bösen. Die Grundlagen des eigenen Handelns können sich tatsächlich innerhalb weniger Wochen komplett ändern. Das führt dazu, das handelnde Personen oft unter einem ungeheuren Druck stehen, der sich auf die Art, miteinander umzugehen, auswirken kann. Die Reaktionen, mit denen ich in Krisenzeiten konfrontiert war, waren verständlicherweise oft sehr heftig. Der Verein beutetet vielen Menschen einfach sehr viel. Beim VfL hatte ich höchstens mittelbar Einfluss auf die Dinge, die dann nicht selten mit großer Macht auf ich zurückfielen. Beim Schreiben und Vorlesen unterliegt alles viel mehr meinem direkten Einfluss, und das ist gut. Ich habe damals oft gesagt: Ich erhole mich in meinem Job von meinem Ehrenamt.

Nun spielt Bochum nach elf Jahren Abstinenz wieder in der ersten Liga. Was ist ihr Wunsch für diese Spielzeit?
Es wäre toll, öfter so emotionale Spiele zu erleben wie das erste Heimspiel gegen Mainz, und wenn der Zusammenhalt, der derzeit herrscht, auch noch da ist, wenn es mal schlecht läuft. Diese Zeit wird kommen. Das sportliche Ziel ist Platz 15. Das emotionale, über die Saison hinausreichende ist für mich die Hoffnung, dass wir selbst im größten Misserfolgsfall, also einem erneuten Abstieg, uns nicht so zerfleischen wie wir es in der Vergangenheit bisweilen getan haben.


Herbert Knebel outet sich als Kerkeling-Fan

Erst im Januar fand die vierte Verleihung des Comedy-Preises statt, sie musste wegen Corona mehrfach verschoben werden und wurde letztendlich live aus dem Studio des Recklinghäuser Unternehmens Urbanfilm gestreamt. Der Recklinghäuser Bürgermeister Christoph Tesche betonte kurz vor der digitalen Veranstaltung: „In diesen schwierigen Zeiten, in denen wir alle aufgerufen sind, die Kontakte zu reduzieren und viel Zeit zu Hause verbringen, ist jede Abwechslung willkommen. Die beteiligten Künstlerinnen und Künstler bürgen für allerbeste Unterhaltung. Ich bin mir sicher, die Sendung wird für viel gute Laune in den Wohnzimmern sorgen."

Uwe Lyko

Uwe Lyko alias Herbert Knebel freut sich über den „Ehren-Hurz". (Foto: Thomas Willemsen)


Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung mit dem Comedy-Preis „Hurz“?
Ich habe bislang immer gesagt: Leute, veranstaltet ein Tischtennis-Turnier, wo wir Mann gegen Mann oder Frau gegen Frau spielen – und wenn ich dann Erster werde, nehme ich den Pokal an. Aber bei dem Ehren-„Hurz“ mache ich eine Ausnahme, weil ich großer Hape Kerkeling-Fan bin. Und weil das Ruhrfestspielhaus in Recklinghausen, wo die Verleihung ja eigentlich stattfinden sollte, einer meiner absoluten Lieblingsspielorte ist. Und da habe ich mir gedacht: Den Preis nimmst du an.

Was regt Sie zurzeit besonders auf?
Diese Querdenker regen mich total auf, weil sie unfassbar doof sind. Ich finde, man muss sich mit diesen Leuten gar nicht mehr auseinandersetzen, weil da einfach Hopfen und Malz verloren ist. Mitunter sind diese Menschen einfach rücksichtslos und asozial.

Was tun Sie aktuell gegen den Corona-Blues"?
Ich zwinge mich dazu, täglich 1-2 Stunden spazieren zu gehen, damit ich nicht verwahrlose (lacht). Hin und wieder gibt es auch längere Wanderungen von bis zu fünf Stunden. Außerdem spiele ich oft Gitarre und lese viel. Ganz ehrlich: Ich vermisse es, ins Kino, ins Theater oder in ein Restaurant zu gehen und mich unbegrenzt mit Freunden treffen zu können. Aber am meisten fehlt mir natürlich das Spielen vor Publikum. Deshalb freue ich mich schon jetzt auf meinen ersten Aufritt in 2021 unter normalen Bedingungen.

Hier geht es zum Interview mit Uwe Lyko in voller Länge.

Chris Tall

Stand-Upper Chris Tall erhält den „Der-Wolf-das-Lamm-Hurz“. (Foto: Robert Maschke)


Hand aufs Herz: Mögen Sie das Ruhrgebiet überhaupt?
Ich liebe das Ruhrgebiet! Die Menschen dort sind so fröhlich. Ich hatte mit die besten Shows im Ruhrgebiet, weil die Zuschauer einfach wissen, wie man feiert.

Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung mit dem Comedy-Preis „Hurz“?
In diesen schwierigen Zeiten mit dem „Der-Wolf-das-Lamm-Hurz“ ausgezeichnet zu werden, ist eine große Ehre! Als Stand-Upper vermisse ich die Bühne sehr und dieser Preis zeigt mir, die Hoffnung nicht aufzugeben, dass wir Künstlerinnen und Künstler bald wieder unserer Leidenschaft nachgehen dürfen. Und ich darf sagen, dass Hape Kerkeling einer meiner großen Helden ist! 

Was wünschen Sie sich in dieser Corona-Zeit?
Ich wünsche mir, dass die Theater bald wieder öffnen und die Veranstalterinnen und Veranstalter zumindest mit Hygiene-Konzepten wieder arbeiten dürfen. Viele Häuser haben wirklich gute Maßnahmen ergriffen und ich hoffe, dass Menschen wieder vermehrt Tickets für Kunst & Kultur kaufen. Denn wir brauchen die Zuschauer! Und sie hoffentlich uns auch.

Was regt Sie zurzeit besonders auf?
Mich regt auf, dass Menschen sich ständig aufregen. Wenn man freundlich miteinander umgeht, kommt man besser durch diese Zeit.

Torsten Sträter

Der Dortmunder Kabarettist Torsten Sträter darf sich über den „Heimat-Hurz" freuen. (Foto: Guido Schröder)


(Wie) Kann man der Corona-Pandemie mit Humor trotzen?
Indem man ihn behält. Sicher, der ganze Pandemie-Schlamassel ist eine riesige Herausforderung, entbehrt aber manches Mal auch nicht einer absurden Komik - zum Beispiel, wenn man sich nur noch im 15 Km-Radius bewegen darf. Wenn ich das ausreizen würde, stünde ich öfter Mal bei 14,9 Km auf irgendeinem Acker. Oder das Aufkommen der ganzen Verschwörungs-Fraggles. Zwischendurch ist da wahres Comedy-Gold dabei. Es ist nur wichtig, nicht zynisch zu werden.

Welche Sorgen machen Sie sich um die Kulturszene?
Die Kulturszene siecht, es merkt nur keiner, der nix mit Kultur zu tun hat. Wenn der ganze Käse vorbei ist, wird der Kultursektor massiv geschrumpft sein. Meine persönlichen Probleme sind dagegen Kinderkram.

Auf welchen Auftritt in 2021 freuen Sie sich schon jetzt?
Das wüsste ich selbst gern. Momentan bestimmt ein Hütchenspieler namens Covid-19 mein Arbeitsleben. Grundsätzlich freue ich mich fast kindlich auf jeden Auftritt.

Wie sehr freuen Sie sich auf die Auszeichnung mit dem Comedy-Preis „Hurz“?
Nachdem ich beim „Hurz“ eigentlich immer nur als Laudator in Erscheinung trat, ist es mir eine um so größere Freude, jetzt auch mal was zu gewinnen. Und Hennes Bender hält die Laudatio auf mich. Ich habe jetzt schon Angst.

Was bedeutet Ihnen das Ruhrgebiet?
Heimat. Pure, unverdünnte, reine Heimat. Wenn ganz Deutschland meine Wohnung wäre, befände sich im Ruhrgebiet mein Kaminzimmer.

„Hurz"-Verleihung im Januar wurde kostenfrei gestreamt

Recklinghausens Bürgermeister Christoph Tesche gehörte mit der bekannten Komikerin Lisa Feller der Jury für den Nachwuchspreis an, ebenso wie Achim Hagemann, der live aus Berlin zugeschaltet war. In dem Nachwuchswettbewerb gingen David Kebekus, Jacqueline Feldmann und „Reis against the Spülmachine“ an den Start. Die Jury hat direkt nach jedem Auftritt der Künstlerinnen und Künstler ihr Votum abgegeben. Aber auch die Zuschauerinnen und Zuschauer hatten die Möglichkeit, sich live im Netz über die Homepage www.derhurz.de mithilfe eines Voting-Tools und ohne Registrierung an der Abstimmung zu beteiligen. Gestreamt wurde die Hurz-Verleihung ab 19.30 Uhr auf der Seite www.live.derhurz.de.

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