Interviews
Wenn Wirtschaft und Wissenschaft zusammenarbeiten
06. August 2020




Die Hochschulallianz ruhrvalley ist im Initiativkreis Ruhr vertreten. Bei der Kooperation soll es darum gehen, gemeinsam Chancen für das Ruhrgebiet zu erschließen. Im Interview erklärt Prof. Dr. Bernd Kriegesmann, wie das funktionieren soll.
Prof. Dr. Bernd Kriegesmann, Präsident der Westfälischen Hochschule, vertritt als neues Persönliches Mitglied die Hochschulallianz ruhrvalley im Initiativkreis Ruhr. Zur Forschungspartnerschaft ruhrvalley haben sich die Fachhochschule Dortmund, die Hochschule Bochum und die Westfälische Hochschule Gelsenkirchen mit zahlreichen Unternehmen zusammengeschlossen, um in Lehre und Forschung sowie im Bereich der Existenzgründungsförderung gemeinsame Impulse zu setzen. Initiativkreis und Hochschulallianz haben sich mit ihrer Kooperationsvereinbarung „Wirtschaft und angewandte Wissenschaft gemeinsam für ein erfolgreiches Ruhrgebiet“ vor allem drei Handlungsfelder vorgenommen: den Wissens- und Technologietransfer auf ein neues Niveau zu heben, die Stärkung innovationsorientierter Unternehmensgründungen sowie Talente zu erschließen und Fachkräfte zu gewinnen. Im Interview spricht Prof. Dr. Kriegesmann über den Wandel im Ruhrgebiet, das Zusammenspiel von Wirtschaft und Wissenschaft und mögliche Lehren aus der Corona-Pandemie.
Herr Prof. Dr. Kriegesmann, das Corona-Virus hat wie unter einem Brennglas gezeigt, wo Schwächen liegen und Innovationen dringend vonnöten sind. Welche Lehren ziehen Sie als Hochschulpräsident für die Themen Bildung und Talentförderung aus der Pandemie?
In der Tat wird das noch sichtbarer, was schon unter „Normalbedingungen“ immer wieder diagnostiziert wird: Die Selektivität im Bildungssystem ist noch lange nicht überwunden. Die familiäre Herkunft entscheidet ganz wesentlich über die individuelle Bildungsbiographie. Junge Menschen aus weniger privilegierten Familien haben nicht die gleichen Chancen im Bildungssystem. Wenn jetzt Vieles online stattfinden muss, kann man die unterschiedlichen Voraussetzungen für Bildungsteilhabe greifen. Ohne die Verfügbarkeit von passenden IT-Infrastrukturen und eigenen Zimmern zum Lernen wird auch gute Online-Lehre nicht wirksam.
Sie vertreten als neues Persönliches Mitglied die Hochschulallianz ruhrvalley im Initiativkreis Ruhr. Welche Bedeutung messen Sie unserem Wirtschaftsbündnis für den Wandel der Region bei?
Der Initiativkreis Ruhr hat nicht nur eine ganz gewichtige Stimme, sondern ist auch Impulsgeber für Aktivitäten, die die Attraktivität und Entwicklung im Ruhrgebiet vorantreiben. So haben beispielsweise die frühen Maßnahmen zur TalentMetropole Ruhr eine Stärke der Region sichtbar gemacht und vielen Innovatoren im Bildungsbereich eine Bühne gegeben – und zwar genau in dem Bereich, über den wir gerade gesprochen haben: Die vielen unerschlossenen Talente vor Ort zu aktivieren, die die Zukunft des Ruhrgebiets maßgeblich mitgestalten werden.
Über ruhrvalley
Das Management Office von ruhrvalley – Mobility and Energy for Metropolitan befindet sich in Herne. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Verbundprojekt für weitere vier Jahre bis 2024. Auch die Essener Stiftung Mercator unterstützt die Hochschulallianz.
Insgesamt sind an den drei Ruhrgebietshochschulen in Bochum, Gelsenkirchen und Dortmund rund 32.000 Studierende eingeschrieben, 550 Professorinnen und Professoren decken ein breites Fächerspektrum ab.




Was kann die Wirtschaft von der angewandten Wissenschaft lernen? Und was die Wissenschaft von der Wirtschaft?
Jetzt wird das Eis dünn. Mein Eindruck ist aber, dass es uns in der Wissenschaft leichter fällt auch einmal gegen den Mainstream zu arbeiten und scheinbar bewährte Pfade zu verlassen, während Wirtschaft sicherlich oft besser in der Umsetzung ist. Insgesamt ergänzen wir uns aber gut – insbesondere, wenn wir echt zusammenarbeiten.
Initiativkreis Ruhr und die in der Hochschulallianz ruhrvalley vertretenen Hochschulen haben eine umfassende Kooperation vereinbart. Wie möchten Sie diese Kooperation mit Leben füllen?
Allen Beteiligten ist wichtig, nicht bei Lippenbekenntnissen stehenzubleiben. Mit dieser Absicht haben wir auch einige Felder definiert, in denen wir unsere jeweiligen Stärken besonders gut zusammenführen können. Wichtig ist dabei, dass themenbezogen Menschen aus den Unternehmen und den Hochschulen zusammengebracht werden, die real an operativen Themen arbeiten. Um das zu organisieren, haben wir einige Formate vereinbart.
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