Interviews
„Wir alle sollten der Ruhr-Konferenz eine Chance geben“
30. August 2019




Initiativkreis Ruhr im Interview: Zollverein-Chef Hans-Peter Noll über Mobilität, Unternehmensgründungen und Digitalisierung im Ruhrgebiet.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung will mit einer Ruhr-Konferenz dem Ruhrgebiet neue Impulse geben. Foren zu Themen wie Energiewende und Klimaschutz, Wissenschaft und Innovationen, Zukunft der Arbeit oder neue Mobilität sollen Potenziale der Region identifizieren und Projekte vorantreiben. Moderiert werden die Themenforen zumeist von einem Kabinettsmitglied und Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Sport und Gesellschaft. In elf von 20 Themenforen sind Vertreter von Mitgliedsunternehmen des Initiativkreises Ruhr eingebunden. Hier kommen sie dazu in loser Folge zu Wort. Diesmal im Interview: Prof. Dr. Hans-Peter Noll, Vorstandsvorsitzender Stiftung Zollverein. Gemeinsam mit dem Wirtschaftsstaatssekretär Christoph Dammermann moderiert er das Themenforum „Wie nutzen wir die Digitalisierung für den Tourismus?“
Wo hat das Revier aus Ihrer Sicht Nachholbedarf, was muss möglichst schnell passieren?
Wenn das Ruhrgebiet seinen Metropolenanspruch aufrecht halten will, muss die Mobilitätsfrage geklärt werden. Ein wichtiger Punkt ist dabei die Optimierung der interkommunalen Abstimmung durch die kommunalen Verkehrsbetriebe. Das Ruhrgebiet braucht eine funktionierende, verlässliche, moderne, preiswerte, vernetzte und attraktive Verkehrsinfrastruktur, damit die Metropole Ruhr ihre Potentiale entfalten und als Metropole wahrgenommen werden kann. Ich wünsche mir, dass Pendler und Unternehmen, die das Revier als Arbeits- und Wirtschaftsraum nutzen, nicht tagtäglich auf die Geduldsprobe gestellt werden und im wahrsten Sinne des Wortes kaum vorankommen. Mobilität ist ein zentraler Faktor für die Attraktivität unserer Region.
Was kann, was soll die Landesregierung tun, kann die Wirtschaft, können die Unternehmen beitragen?
In den vergangenen Jahren hat es im Ruhrgebiet mit einer Vielzahl an Initiativen bereits große Anstrengungen gegeben, um Startups und Gründer zu unterstützen. Dennoch gibt es – verglichen mit anderen Regionen – noch Nachholbedarf. In der traditionell von Großunternehmen geprägten Region Ruhrgebiet gilt es, zusammen mit dem Mittelstand das Klima für junge Unternehmen und Unternehmensgründungen weiter zu verbessern.
Es muss uns gelingen, den gut ausgebildeten Uni-Absolventen aus der Region überzeugende Perspektiven aufzuzeigen, um an der Weiterentwicklung einer lebenswerten und wirtschaftlich prosperierenden Region mitzuwirken.




Welche Ideen möchten Sie persönlich in die Ruhr-Konferenz einbringen?
Ich bin durch und durch Ruhrgebiets-Enthusiast und halte den Prozess, den die Landesregierung mit der Ruhr-Konferenz angestoßen hat, für enorm wichtig, vielleicht sogar für überlebenswichtig. Deshalb möchte ich als Kind des Ruhrgebiets die Menschen in der Region für diesen Prozess begeistern, sie animieren, mitzumachen und auch an sie appellieren, durchzuhalten: Wir alle im Ruhrgebiet sollten diesem Prozess, der mit der Ruhr-Konferenz angestoßen wurde und der das Ruhrgebiet zukunftsfest machen will, eine Chance geben.
Als Co-Moderator für das Themenfeld Digitalisierung im Tourismus gebe ich Ihnen ein Beispiel: Bei der Digitalisierung arbeiten viele Kommunen bislang alleine vor sich hin – von der Unternehmensansiedlung über die Mittelakquise bis zum Thema Technologietransfer. Dabei hat das Ruhrgebiet gerade jetzt die Möglichkeit, alle Aktivitäten bei den anstehenden großen regionalen Fragen zu bündeln. Die Digitalisierung ist ein zentrales Thema der Zukunftsgestaltung, das wir strategisch für die Transformation der Region nutzen wollen.
Als Generalmanager für das Welterbe Zollverein verfolge ich das Ziel, die Digitalisierung für die Ertüchtigung der touristischen Infrastruktur auf dem Standort zu nutzen und auf diese Weise exemplarisch unsere Wandlungskompetenz aufzeigen. Dies gelingt, wenn wir alle an einem Strang ziehen und uns gemeinsam für die Ziele einsetzen, die wir mit der Ruhr-Konferenz erarbeiten.
Bei der Digitalisierung arbeiten viele Kommunen bislang alleine vor sich hin.
Außerdem im Interview in dieser Reihe:
Dr. Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen
Eckhard Forst, Vorstandsvorsitzender der NRW.BANK
Dr. Johannes Teyssen, Vorsitzender des Vorstands der E.ON SE
Professor Dr. Ulrich Radtke, Rektor der Universität Duisburg-Essen
Christian Kullmann, Vorsitzender des Vorstandes der Evonik Industries AG
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