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„Wir fangen Probleme auf, beraten und beruhigen"


15. April 2020

Als private Bildungsinitiative ist auch die JOBLINGE gAG Ruhr von der Corona-Pandemie betroffen. Wir haben mit Regionalleiter Raphael Karrasch über die aktuelle Lage gesprochen und von ihm eine Videobotschaft erhalten. Tenor: „Wir motivieren unsere Jugendlichen aktuell digital - und das funktioniert gut!"

Bei der Initiative JOBLINGE engagieren sich Wirtschaft, Staat und Privatpersonen gemeinsam, um junge Menschen mit schwierigen Startbedingungen zu unterstützen. Die Stiftung TalentMetropole Ruhr gGmbH ist eine Aktionärin. Herr Karrasch, gemeinsam mit den Jobcentern bilden Sie Jugendliche weiter, bereiten sie auf einen Job oder eine eine Ausbildung vor. Geht die Betreuung trotz Corona weiter?
Ja. Wir haben bereits Mitte März unsere Standorte im Ruhrgebiet auf ein Home-Office-Modell umgestellt. Das ging, erstaunlicherweise, schnell und verhältnismäßig unproblematisch. Zumindest bei mir und meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Für unsere Jugendlichen sieht das anders aus. Fehlende Computer, fehlendes Internet, fehlende soziale Netze. Unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind nicht so versiert und flexibel, stehen nur selten auf so stabilen finanziellen oder sozialen Fundamenten, um mal eben ihre Weiterbildung auch daheim zu machen. Auch wenn wir als Initiative schnell unsere Arbeitsweise wechseln konnten, ist immer noch die große Herausforderung für uns, dass wir pädagogisch weiterbetreuen wollen. Wir fangen Probleme auf, beraten, beruhigen. Für Jugendliche, die wir in Ausbildung bringen wollen, ist die Perspektive auf einen Job etwas unheimlich Motivierendes. In der Krise, wo alles still steht, fallen einige von ihnen erstmal in ein Loch. Was für uns alle schwer ist, ist für unsere Jugendliche noch schwerer, weil ihnen die Sicherheit fehlt. Die „digitale“ Anwesenheitsfrequenz bei den Jugendlichen ist jetzt unglaublich hoch. Das zeigt uns, dass wir zum einen im Vorfeld einen guten und vertrauensvollen Zugang zu den Jugendlichen gefunden haben und zum anderen, dass wir zum Teil die einzigen sozialen Kontakte der jungen Menschen sind.

Kann man eine Maßnahme, die von der öffentlichen Hand mitfinanziert wird, einfach so in ein Home-Office-Modell überführen?
Ja und nein. Die augenblickliche Situation ist in der Form noch nie dagewesen, und wir sind mit unseren Ansprechpartnern von der Bundesagentur und unseren Jobcentern im engen Austausch. Aktuell warten wir noch darauf, dass das, was wir tun, von der öffentlichen Hand tatsächlich langfristig strategisch unterstützt wird. Im März haben wir das Problem pragmatisch angegriffen: Wir wissen, dass wir weiterarbeiten wollen, und wir wissen, dass unsere Jugendlichen nach der Krise nicht schlechter dastehen sollen als vorher. Also haben wir alles in Bewegung gesetzt: Wir haben Technik verteilt, unsere Partnerunternehmen zu Spenden aufgerufen. Und das hat bisher gut funktioniert. Als bundesweite Initiative mit engen Netzwerken in die Wirtschaft sind wir da sicherlich auch einfach gut aufgestellt. Wir hatten die Pläne für digitale Programmelemente in Planung und konnten damit in einigen Bereichen auf etwas aufbauen, was schon da war. Die vergangenen Wochen waren trotzdem mehr als herausfordernd.

Inwiefern?
Zum einen: Nur weil man Pläne hat, heißt das ja nicht, dass man auch praktisch damit arbeiten kann. Wir haben also konkret zunächst unsere Teilnehmer mit Technik ausgestattet, dabei im Hintergrund bundesweit Strukturen geschaffen. Dazu zählen E-Learning-Plattformen, Cloudspeicherdienste, Videokonferenzen, Chat-Tools. All das muss datenschutzrechtlich in Ordnung sein - und dann müssen wir uns auch noch über unsere verschiedenen Standorte hinweg synchronisieren. Zum anderen: Die Betreuung im digitalen Raum muss enger, intensiver erfolgen. Am Anfang mussten wir zum Beispiel noch erklären, dass es nicht in Ordnung ist, Videokonferenzen im Bett abzuhalten. Vor Ort ist es einfacher, jemanden an Regeln zu gewöhnen. Aber wir kommen so langsam in einen Rhythmus. Es ist auf jeden Fall für uns gerade alles andere als langweilig.

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