Wie schafft das Ruhrgebiet den Klimawandel?
08. März 2021




Die Katholische Akademie „Die Wolfsburg“ und der Initiativkreis Ruhr laden regelmäßig zu Gesprächsreihen nach Mülheim ein, bei denen aktuelle Fragen und gesellschaftliche Themen diskutiert werden. Am 9. März ging es bei einer rein digitalen Veranstaltung um die Frage, welche Strategie das Ruhrgebiet in Sachen Klimaschutz verfolgen sollte. Auch das Publikum auf dem heimischen Sofa konnte sich beteiligen.
Das Ruhrgebiet und der Klimawandel
Diskussion zur Zukunft an der Ruhr
Authentische und offene Dialoge mit Menschen aus ganz unterschiedlichen Branchen im Kontext einer pluralisierten Gesellschaft initiieren – das ist das Markenzeichen der 1960 gegründeten Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“. Auch der Initiativkreis Ruhr ist ein wichtiger Partner: Unter der Überschrift „Die Zukunft an der Ruhr, eine Region erfindet sich neu“ laden die „Wolfsburg“ und das Wirtschaftsbündnis regelmäßig zu Gesprächsreihen ein, bei denen die Potenziale und Probleme des Ruhrgebiets im Mittelpunkt stehen.
Bei der Veranstaltung am Dienstag, 9. März 2021, ging es in einer rein digitalen Veranstaltung um die Frage: Wie schafft das Ruhrgebiet die Anpassung an den Klimawandel? Darüber diskutierten Dr. Wolfgang Beckröge (Meteorologe beim RVR), Tobias Clermont (Geschäftsführer Innovation City Ruhr Management GmbH), Bernhard Osburg (Sprecher des Vorstands thyssenkrupp Steel Europe AG), Ursula Heinen-Esser (NRW-Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz), Andreas Künzel (Bank im Bistum Essen und Mitglied der Global Young Faculty) und Dr. Franz-Josef Overbeck (Bischof von Essen), die Moderation übernahm Akademiedirektorin Dr. Judith Wolf.
Da die Veranstaltung auch in Kooperation mit dem Jungen Initiativkreis Ruhr stattfand, wurde mithilfe vorgeschalteter Online-Umfragen etwa im sozialen Medium Instagram auch eine jüngere Zielgruppe eingebunden. Neben den von Akademiedirektorin Judith Wolf moderierten Wortbeiträgen gab es zudem immer wieder interaktive Umfrageelemente, die Julia Schweppe, Projektmanagerin des Jungen Initiativkreises Ruhr, in die Debatte einbrachte. Mehr als 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beteiligten sich an der coronabedingt rein digitalen Diskussion.
So verlief die Diskussion
„Das Thema Klimaschutz stellt das Ruhrgebiet vor große Herausforderungen. Das wollen wir gemeinsam anpacken. Deshalb freue ich mich heute auf den digitalen Austausch", sagte Dirk Opalka, Geschäftsführer Initiativkreis Ruhr GmbH, in seiner Begrüßung. Geht es nach dem NRW-Umweltministerium und der von der Landesregierung initiierten Ruhrkonferenz, soll das Ruhrgebiet als einst größtes Industriegebiet Europas künftig zu einer internationalen Vorzeigeregion in Sachen Klimaschutz und Klimaanpassung werden. „Wir können nicht nur gegen den Klimawandel arbeiten, sondern müssen auch den Kommunen helfen, mit dem Klimawandel umzugehen“, betonte Ursula Heinen-Esser. „Das Ruhrgebiet ist dabei für mich beispielgebend.“ Um steigenden Temperaturen und einer schwieriger werdenden Wasserversorgung zu begegnen, sollen unter anderem die Flächenentsiegelung und die Begrünung von Dach- und Fassadenflächen deutlich vorangetrieben werden. Gerade wegen seiner vielen Grünflächen habe das Ruhrgebiet „eigentlich ganz gute Voraussetzungen“, sich an die neuen klimatischen Gegebenheiten anzupassen, erläuterte Meteorologe Wolfgang Beckröge vom Regionalverband Ruhr.
Die besondere Verantwortung der Großindustrie beim Klimaschutz betonte Bernhard Osburg als Chef des größten deutschen Stahlwerks in Duisburg: „In der Tat, wir sind heute ein großer Teil des Problems“. Gleichzeitig sieht er sein Unternehmen als einen wichtigen Teil der Lösung. Bis 2050 will thyssenkrupp die Stahlerzeugung „dekarbonisieren“, also die jährlich fünf Millionen Tonnen Steinkohle in den Hochöfen durch Wasserstoff ersetzen, der mit umweltfreundlich erzeugtem Strom gewonnen wird. Dafür müsse „gar nicht mehr so ganz viel erfunden werden“. Die Herausforderung sei eher die Kapazität.
Wir können nicht nur gegen den Klimawandel arbeiten, sondern müssen auch den Kommunen helfen, mit dem Klimawandel umzugehen.NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser
Wenn das Ruhrgebiet in den kommenden Jahren zu einer Vorzeigeregion in Sachen Klimaschutz werden soll, dürfe die soziale Seite bei diesem Umbau nicht zu kurz kommen. Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck verglich die dafür nötigen Anstrengungen mit dem tiefgreifenden Strukturwandel, den das Revier mit dem Ende der Steinkohlenförderung durchlaufen hat: „Wenn man einen solch immensen Strukturprozess angeht, dann kann man das nur sozial machen“, betonte Overbeck. Um durch Energieeinsparungen den CO2-Ausstoß zu reduzieren hat das Initiativkreis-Energie-Leitprojekt InnovationCity Ruhr in Bottrop vor allem die Hauseigentümer im Blick. Ziel im Bottroper Modellgebiet mit rund 70.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist es, die Emissionen binnen zehn Jahren um die Hälfte zu senken – vor allem durch energetische Gebäudesanierungen. Dafür brauche es viel Überzeugungsarbeit, sagte InnovationCity-Geschäftsführer Tobias Clermont: „Bei vielen Einzeleigentümern ist die CO2-Reduktion oft nicht die erste Motivation.“ Öffentliche Fördermittel seien wichtig, aber vor allem müssten die Antragsverfahren einfach und schnell sein.
Zum Abschluss der Diskussion betonte Osburg, dass es für nachhaltigen Klimaschutz einen gesellschaftlichen Konsens, öffentliche Gelder und einen Masterplan brauche. Als Leitmotiv für diesen Wandel sieht auch Osburg die von Bischof Overbeck stark gemachte „Bewahrung der Schöpfung. „Letztlich geht es doch darum, die Welt vor großen Schäden zu bewahren“, so der Manager.
Live eingespielte Umfrage wird gut angenommen
Junger Initiativkreis führt Umfrage während der Veranstaltung durch
Bei der Veranstaltung wurde aber nicht nur auf dem digitalen Podium diskutiert: Mittels des Tools Tweedback konnten sich auch Teilnehmende zu Wort melden und an Umfragen teilnehmen, die während der Diskussion eingespielt wurden. „Könnte der Klimaschutz zum neuen Markenzeichen des Ruhrgebiets werden?“ und „wären Sie bereit, mehr Geld für „Grüne Produkte“ zu zahlen?“ waren nur zwei der Fragen, die Julia Schweppe, Projektmanagerin des Jungen Initiativkreises Ruhr, an das Publikum richtete. Die Möglichkeit der aktiven Partizipation wurde von vielen Teilnehmenden wahrgenommen, bis zu 50 Personen gaben ihre Stimme ab.
Die Umfragen und spannenden Ergebnisse können Sie direkt bei Tweedback einsehen.
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