Wirtschaft

Bahn-Vorstand Pofalla arbeitet an neuen Mobilitätsprojekten für das Ruhrgebiet


28. Juni 2019

Initiativkreis Ruhr im Interview: Bahn-Vorstand Ronald Pofalla über die hohe Auslastung im Ruhrkorridor, Maßnahmen für die am höchsten belasteten Strecken und die Digitalisierung auf der Schiene.
„Wir müssen zwingend die Kapazität und Leistungsfähigkeit der Infrastruktur erhöhen“, sagt Bahnvorstand Ronald Pofalla. (Foto: Deutsche Bahn AG / Max Lautenschläger)

Die nordrhein-westfälische Landesregierung will mit einer Ruhr-Konferenz dem Ruhrgebiet neue Impulse geben. Foren zu Themen wie Energiewende und Klimaschutz, Wissenschaft und Innovationen, Zukunft der Arbeit oder neue Mobilität sollen Potenziale der Region identifizieren und Projekte vorantreiben. Moderiert werden die Themenforen zumeist von einem Kabinettsmitglied und Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Sport und Gesellschaft. In elf von 20 Themenforen sind Vertreter von Mitgliedsunternehmen des Initiativkreises Ruhr eingebunden. Hier kommen sie dazu in loser Folge zu Wort. Diesmal im Interview: Ronald Pofalla, Vorstand Infrastruktur der Deutsche Bahn AG. Gemeinsam mit NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst moderiert er das Themenforum „Neue Mobilität. Wie vernetzen wir die Metropolregion Ruhr?“. 

Wo hat das Revier aus Ihrer Sicht Nachholbedarf, was muss möglichst schnell passieren?
NRW mit der Metropolregion Ruhr ist das Herzstück der Eisenbahn in Deutschland. Rund 2,4 Millionen Menschen sind täglich allein im Nahverkehr auf den Schienen im Land unterwegs. In NRW rollen im Nah- und Fernverkehr täglich 5.700 Züge – Tendenz steigend. Und schon zwischen 1994 bis 2017 hat sich die Nutzungsintensität der Infrastruktur mehr als verdoppelt. Die Folge sind Auslastungen einzelner Streckenabschnitte von bis zu 140 Prozent, wie auf dem Ruhrkorridor zwischen Dortmund über Essen nach Köln. Deshalb brauchen wir eine „neue“ Mobilität. Dafür müssen wir zwingend die Kapazität und die Leistungsfähigkeit der Infrastruktur erhöhen. Wir brauchen neben dem klassischen Ausbau des Schienennetzes die Digitale Schiene Deutschland. Damit schaffen wir mehr Platz auf der Schiene und sorgen so für zusätzliche Zugfahrten ohne weiteren Streckenneubau. Das bringt bis zu 35 Prozent mehr Kapazität auf dem vorhandenen Schienennetz. „Neue“ Mobilität heißt aber auch: Multimodal, gut vernetzt, nahtlos miteinander kombinierbar und klimafreundlich mit einem hohen Anteil von öffentlichem Verkehr.

Was kann, was soll die Landesregierung tun, kann die Wirtschaft, können die Unternehmen beitragen?
Zunächst mal ist richtig, dass wir alle gemeinsam bei der Ruhr-Konferenz an einem Tisch sitzen und auch gemeinsam nach Lösungen suchen. In diesen Zeiten gibt es keine einfachen Antworten. Klar ist, wir wollen keine Einschränkungen für die Menschen, sondern mehr Mobilität. Die klimafreundliche Bahn kann hier der Erfolgsfaktor hierfür sein. Mit der Landesregierung und vielen anderen wichtigen Partnern packen wir deshalb ganz konkrete Projekte an. Mit dem Verkehrsministerium bringen wir gerade die Initiative „Robustes Netz NRW“ auf den Weg. Das ist ein Paket aus kleinen und mittleren hochwirksamen Maßnahmen für die am höchsten belasteten Strecken. Dieses Programm ist beispielhaft für Deutschland und wird sicher Nachahmer finden. Wir erhöhen die Flexibilität bei der Steuerung von Zügen, beispielsweise durch zusätzliche Gleise, Überleitstellen oder Wendegleise. Im Themenforum „Neue Mobilität“ haben wir mit unseren Partnern bei der Ruhr-Konferenz jetzt ein ganzes Bündel an Projektvorschlägen zusammengestellt. Das treiben wir alle gemeinsam voran. Was ich mir aber konkret noch wünschen würde: Dass unsere Genehmigungsprozesse schneller werden. So kommen wir auch schneller zu greifbaren Verbesserungen für die Menschen.

Welche Ideen möchten Sie persönlich in die Ruhr-Konferenz einbringen?
Mein persönlicher Fokus liegt auf der Digitalisierung der Infrastruktur. Nur die Digitalisierung wird nachweisliche Effekte bei der Steigerung der Verlässlichkeit und der Erhöhung der Produktivität auf der Schiene bringen. Am Ende steht ein smartes Netzwerk, das eine dichtere Zugfolge und eine erheblich bessere Ausnutzung der Infrastruktur erlaubt. Gemeinsam müssen wir stets Mobilität im Sinne geistiger Beweglichkeit beweisen. Als ich vor fast einem Jahr die Digitale Schiene Deutschland vorstellte, fasste ich die Herausforderungen des Projektes als „Kaiserzeit trifft auf 4.0“ zusammen. Die Zukunft der Mobilität ist eine Vision, in die wir heute einsteigen müssen. Am Ende geht es um eine Frage: Was braucht der glückliche Kunde? Wir glauben: Neue innovative und vernetzte Mobilitätsangebote, die einfach im Zugang und in der Nutzung sind und Lösungen für die gesamte Reisekette bereithalten. Und die beginnt und endet nicht am Bahnhof, sondern vor ihrem Zuhause oder Arbeitsplatz. Deshalb haben wir zur Abdeckung der ersten und letzten Meile neue Mobilitätsangebote entwickelt: ioki, Flinkster, Call a Bike, Clever Shuttle, Mobimeo. Bekannt und für viele bereits unverzichtbar ist der DB Navigator. Er ist eine der erfolgreichsten Mobilitätsplattformen in Deutschland.

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