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„Die Ruhr-Konferenz muss sich am Gemeinwohl orientieren“
10. Dezember 2018




Die nordrhein-westfälische Landesregierung will mit einer Ruhr-Konferenz dem Ruhrgebiet neue Impulse geben. Foren zu den wesentlichen Themen wie Energiewende und Klimaschutz, Wissenschaft und Innovationen, Zukunft der Arbeit oder neue Mobilität sollen Potenziale der Region identifizieren und Projekte vorantreiben. Die Federführung der Konferenz liegt bei Stephan Holthoff-Pförtner, dem NRW-Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales. Unterstützt wird er von einem Beirat, zu dem auch der Bischof von Essen, Dr. Franz-Josef Overbeck, gehört. Im April hat Ministerpräsident Armin Laschet bei der Vollversammlung des Initiativkreises Ruhr den Start der Ruhr-Konferenz ausgerufen. In elf von 20 Themenforen sind Vertreter von Mitgliedsunternehmen eingebunden. Hier werden sie dazu in loser Folge zu Wort kommen. Zum Auftakt: Initiativkreis-Mitglied und „Ruhrbischof“ Dr. Franz-Josef Overbeck.
Wo hat das Revier aus Ihrer Sicht Nachholbedarf, was muss möglichst schnell passieren?
Das Ziel der Ruhr-Konferenz ist eine starke, international bedeutsame Metropolregion Ruhr, die sich europäisch verortet und den Menschen verbesserte, zukunftsfähige Lebensbedingungen bietet. Es gilt, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass im Ruhrgebiet auch in kommenden Tagen eine Kultur des Miteinanders gelebt werden kann. Deshalb sollten sich die Kommunen gemeinsam für die Ziele der Ruhr-Konferenz engagieren. Eine Politik, die primär in Stadtgrenzen denkt, verliert die Lebenswirklichkeit der Menschen aus den Augen. Insbesondere beim Thema Infrastruktur sehe ich Entwicklungsbedarf. Mit Blick auf den Klimaschutz muss das Nahverkehrssystem so engmaschig, zuverlässig und übersichtlich sein, dass es für noch mehr Menschen eine Alternative zum Auto darstellt. Da der Individualverkehr dennoch für viele Gewerbetreibende und Pendler bedeutsam bleiben wird, darf der Ausbau und die Instandhaltung von Straßen nicht vernachlässigt werden. Hier sollte man ganz realistisch sein und anerkennen, dass auch im 21. Jahrhundert ein gut funktionierendes Straßennetz ein wichtiger Standortfaktor bleiben wird. Was aber vor allem schnell geschehen muss, sind Investitionen in den Bildungssektor und die Förderung des Wohnungsbaus. Erschwingliche Mieten und der Zugang zu guter Bildung, unabhängig von der sozialen Herkunft, sind Fragen der Gerechtigkeit. Nur wenn wir Familien ein attraktives Wohnumfeld anbieten und Eltern bei Bedarf dazu befähigen, das Menschenrecht auf Bildung für ihre Kinder wahrnehmen und einfordern zu können, wird die Zukunftsvision der Ruhr-Konferenz Wirklichkeit werden.
Was kann, was soll die Landesregierung tun, was kann die Ruhr-Konferenz bewirken?
Die Ruhr-Konferenz kann nur dann etwas bewirken, wenn immer deutlich bleibt, dass die insgesamt 20 Themenforen, die viele weitere wichtige Perspektiven für die Ruhrgebietsentwicklung bedenken, einem verbindenden Ziel dienen: Es geht nicht um einzelne Prestigeprojekte, die wenigen Leuten nutzen, sondern um eine zukunftsfähige und weltoffene Region, in der freies, gerechtes und gutes Leben gelingen kann. Die Maßnahmen sollten deshalb einen spürbaren Mehrwehrt an gesteigerter Lebensqualität für alle Menschen im Ruhrgebiet begründet in Aussicht stellen. Dazu bedarf es klarer Kriterien und der Bereitschaft aller handelnden Akteure, diese Kriterien auch durchzusetzen. Um das gewährleisten zu können, muss die Landesregierung für eine gute Struktur und eine kompetente Moderation der Themenforen sorgen.
Welche Ideen haben Sie, um die Situation zu verbessern?
Als Mitglied des Beirats der Ruhr-Konferenz ist es nicht meine Aufgabe, konkrete Ideen zu entwickeln, denn das obliegt den Themenforen. Entscheidend ist für mich, dass sich alle Mitwirkenden am Gemeinwohl orientieren und keine Partikularinteressen verfolgen. Gewinnerinnen und Gewinner müssen alle hier lebenden Menschen sein.
Haben Sie eine Vorstellung davon, wann erste Vorschläge präsentiert werden können?
Da es eine große Erwartungshaltung an die Ruhr-Konferenz gibt, gilt der Grundsatz: je eher, desto besser. Ich gehe davon aus, dass wir im kommenden Jahr mit ersten Vorschlägen rechnen können.
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