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„Ruhr-Konferenz sollte Signale für eine nachhaltige Entwicklung setzen“
14. März 2019




Die nordrhein-westfälische Landesregierung will mit einer Ruhr-Konferenz dem Ruhrgebiet neue Impulse geben. Foren zu Themen wie Energiewende und Klimaschutz, Wissenschaft und Innovationen, Zukunft der Arbeit oder neue Mobilität sollen Potenziale der Region identifizieren und Projekte vorantreiben. Moderiert werden die Themenforen jeweils von einem Tandem aus einem Kabinettsmitglied und einer Persönlichkeit aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Sport und Gesellschaft. In elf von 20 Themenforen sind Vertreter von Mitgliedsunternehmen des Initiativkreises Ruhr eingebunden. Hier kommen sie dazu in loser Folge zu Wort. Diesmal im Gespräch: Professor Dr. Ulrich Radtke, Rektor der Universität Duisburg-Essen. Gemeinsam mit Ministerin Yvonne Gebauer leitet Radtke das Themenforum „Unterricht sichern – Lehrerversorgung stärken“.
Wo hat das Revier aus Ihrer Sicht Nachholbedarf, was muss möglichst schnell passieren?
Das Ruhrgebiet steckt in einer sonderbaren Situation. Einerseits haben wir die Voraussetzungen zur Zukunftsregion: Aufgrund unserer Geschichte, unserer Struktur und Geographie befassen wir uns hier seit Jahrzehnten mit Fragen, die Deutschland – und Teile der Welt – erst seit Kurzem beschäftigen. Dazu gehören etwa der Umgang mit Altlasten, eine ressourcenschonende Wende zu einer digitalisierten Industrie oder die Gestaltung eines friedlichen Zusammenlebens in einer zugleich vielfältiger und älter werdenden Gesellschaft. Diese Erfahrungen sind ein wichtiger Aktivposten. Gleichzeitig aber ringen wir noch immer mit den vielfältigen Folgen des Strukturwandels und den damit einhergehenden Herausforderungen.
Meines Erachtens gibt es eine Reihe zentraler Voraussetzungen, um die Potentiale zu schöpfen und eine lebenswerte und wettbewerbsfähige Zukunft zu schaffen. Die Infrastruktur etwa ist ein Flaschenhals für eine positive Entwicklung. Egal ob Mobilität oder Schul- und Betreuungsplätze: Die Infrastruktur beeinflusst die Lebensqualität ebenso wie wirtschaftliche Wertschöpfungspotentiale. Hier gibt es sicher Steigerungsmöglichkeiten. Gleichzeitig beobachte ich nach wie vor eine kommunale Kirchturmmentalität. Diese läuft der grenzüberschreitenden Lebenswirklichkeit der Menschen aber zuwider.
Ein kooperativer und vielleicht arbeitsteiliger Ansatz erscheint mir vielversprechender als ein unproduktiver Wettbewerb, gerade in unserer dichten Städtelandschaft. Investitionen in Bildung und Wissenschaft schließlich haben nachweislich eine Reihe positiver Effekte für die Region: Wissenschaftliche Einrichtungen sind Magnete für innovative Unternehmen, die wiederum qualifizierte Arbeitskräfte benötigen; Bildung wirkt zudem integrativ und ermöglicht sozialen Aufstieg – wichtige Voraussetzungen für die Zukunftsfähigkeit des Ruhrgebietes.
Was kann, was soll die Landesregierung tun, was kann die Ruhr-Konferenz bewirken?
Es ist die Aufgabe von Politik, notwendige gesellschaftliche Veränderungen anzustoßen und zu begleiten. In diesem Sinne verstehe ich auch die Ruhr-Konferenz. Klar ist: Innerhalb der nächsten Jahre können die vielfältigen Transformationsprozesse, die im Revier zum Teil bereits Jahrzehnte andauern, kaum abgeschlossen werden. Vielmehr sollte die Ruhr-Konferenz in den 20 Themenforen Signale setzen, die eine nachhaltige Entwicklung über 2020 hinaus anregen und unterstützen. Aufgrund dieser Zeithorizonte ist für den Erfolg der Ruhr-Konferenz eine kontinuierliche Unterstützung der Landespolitik erforderlich – und ein parteiübergreifender Konsens, allen Meinungsverschiedenheiten zum Trotz, sinnvoll.
Haben Sie eine Vorstellung davon, wann erste Vorschläge präsentiert werden können?
Seit dem NRW-Tag in Essen im vergangenen Sommer sind zahlreiche Vorschläge gesammelt worden, die nun in diesem Frühjahr in den Themenforen diskutiert und zur Umsetzung vorgeschlagen werden sollen. Diese Phase beginnt jetzt. Ich gehe daher davon aus, dass wir im kommenden Jahr Klarheit haben werden, welche Projektideen weiterverfolgt werden.