TalentAward Ruhr 2017: Preisträgerin Dr. Monika Goldmann
12. Oktober 2017




Geflüchtete Frauen aus Syrien, dem Irak, Armenien oder Pakistan werden nicht als qualifizierte Fachkräfte, sondern als Hausfrauen wahrgenommen. Das wurde Dr. Monika Goldmann, 71, Gründerin und langjährige Vorstandsvorsitzende des Vereins Dortmunder Forum Frau und Wirtschaft (dffw), bei ihrer Arbeit mit Flüchtlingen klar. Da sie seit Jahren eng mit Dortmunder Unternehmen zusammenarbeitet, um Frauen in qualifizierte Wirtschaftspositionen zu bringen, lag es für sie nahe, das Projekt „Beruflich durchstarten in Deutschland – betriebliches Mentoring für qualifizierte geflüchtete Frauen“ ins Leben zu rufen. „Wir wollen“, so Dr. Goldmann, „Frauen, die in ihrem Herkunftsland eine qualifizierte Arbeit hinter sich gelassen haben, eine berufliche Perspektive bieten.“ Bei den Dortmunder Unternehmen stieß sie auf Interesse: „Sie haben sich gefreut, dass wir auf sie zukommen, denn sie wollten etwas für Flüchtlinge tun, wussten nur nicht, wie.“
Rund 30 Frauen werden zurzeit unterstützt
Im Projekt werden Frauen betreut, die Abitur, ein Studium oder Berufserfahrung haben, über eine Berufsausbildung verfügen oder diese abbrechen mussten. Angeworben werden sie unter anderem in Flüchtlingsunterkünften oder durch Vermittlung des Jobcenters. In dem Projekt werden zurzeit insgesamt rund 30 Syrerinnen, Armenierinnen, Pakistanerinnen und Irakerinnen unterstützt. Sie lernen Deutsch und werden im ausgebildeten Beruf als Hospitantin oder Praktikantin vermittelt. Die Erfahrungen nach einem Jahr intensiver Begleitung zeigen: „Für die Frauen ist vor allem wichtig zu verstehen, welche grundlegenden Dinge in deutschen Unternehmen zählen“, sagt Dr. Goldmann. Das kann sein, wie man sich in Sitzungen kleidet, zum Geburtstag gratuliert, ob man sich duzt oder siezt. Manche blühten richtig auf, berichtet Dr. Goldmann. „Eine Frau aus Syrien hat eine tolle Entwicklung gemacht. Ihr Praktikumsbetrieb möchte sie halten.“ Im Projekt gibt es eine Wirtschaftsgruppe – mit Informatikerinnen, Buchhalterinnen und einer Wasserbauingenieurin, eine Medizin-Gruppe mit Ärztinnen und einer Apothekerin sowie eine Gruppe Lehrerinnen.
Qualifikationsnachweise bringen die meisten Frauen aus ihrem Land mit, die Hürde bestehe im Anerkennungsverfahren, berichtet Dr. Goldmann. „Teils aus Unwissen, teils weil nicht verstanden wird, wie eine Anerkennung verläuft.“ Haben Frauen den Weg in das Projekt gefunden, kann das der Beginn einer neuen Perspektive sein. Goldmann: „Eine Informatikerin war extrem schüchtern, fast zu übersehen. Im Unternehmen hat sie ihr Kopftuch abgelegt und in ihrer Arbeit so sehr beeindruckt, dass ihr eine unbefristete Stelle angeboten wurde, obwohl sie noch besser Deutsch lernen muss.“ Eine Umweltingenieurin aus Syrien konnte die Dortmunder Verwaltung überzeugen. Sie setzte sich als Bewerberin auf eine Ausschreibung für eine Bauleiterstelle gegen deutsche Uni-Absolventen durch und durchläuft neben ihrer Tätigkeit zurzeit ein Traineeprogramm.
Das Ziel: Projekt im Arbeitsministerium ansiedeln
Das Projekt läuft erst einmal bis Mitte 2018. Dr. Monika Goldmann macht es Freude, ihr Wissen und ihre Erfahrungen aus einer langen Berufslaufbahn als Soziologin und Genderforscherin an der Dortmunder TU sowie der Arbeit beim dffw im Projekt anzuwenden. Ihr Zwischen-Resümee: „Uns ist immer klarer geworden, man benötigt Case Management.“ Jobcenter, Anlauf- und Beratungsstellen und andere Institutionen müssten das Thema stärker auf die Agenda setzen. „Wir möchten mit dem Projekt einige Pflöcke einschlagen und das Thema im Arbeitsministerium ansiedeln“, formuliert Goldmann ihr Ziel.
Nachdem es ehrenamtlich begonnen hat, wird das Projekt von September 2016 bis August 2018 vom NRW-Landesministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter gefördert. Projektpartner sind das Grone Bildungszentrum NRW, das Dortmunder Forum Frau und Wirtschaft e.V., das Kompetenzzentrum Frau und Beruf Westfälisches Ruhrgebiet sowie das Gleichstellungsbüro der Stadt Dortmund.
Ein aktuelles Foto der Preisträgerin finden Sie hier.