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TalentAward Ruhr 2018: Preisträgerin Melanie Stroisch
20. September 2018




Die Idee kam Melanie Stroisch, 46, vor ein paar Jahren beim Spazierengehen mit ihren drei Kindern: Täglich erlebte sie, wie Umbau und Erweiterung des Kinderhauses Wirbelwind des VKJ, Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten Ruhrgebiet e.V. in ihrer Nachbarschaft in Essen-Überruhr Formen annahm. „Ein so großes Außengelände lässt sich doch nicht nur als Fläche zum Spielen und Toben nutzen“, dachte sich die gelernte Floristin. So reifte der Gedanke eines „Erlebnisgartens“, eines Gartens für die Kindertagesstätte. Ein Ort, an dem Kinder den Umgang mit der Natur erleben können. Ein Ort, an dem gemeinsam gepflanzt, gebuddelt, gestaltet, geerntet, gepflegt und gelebt wird. Beim VKJ stieß Stroisch mit ihrer Idee auf offene Ohren. Kurz darauf ging es auch schon los – mit fünf Hochbeeten, die sie in Eigenregie anlegte und 16 Kindern, die im VKJ-Kinderhaus Wirbelwind ein komplettes Gartenjahr durchlebten.
Gut 400 Kinder werden jedes Jahr zu Erlebnisgärtnern
Heute ist der VKJ-Erlebnisgarten fester Bestandteil der 24 Kindertageseinrichtungen und der frühkindlichen Talentförderung des VKJ. Gut 400 Kinder werden in jedem Jahr zu Erlebnisgärtnern – und dafür mit Urkunde ausgezeichnet. Gärten sind langweilig? Nicht, wenn man so viele Ideen wie Melanie Stroisch hat und den Kleinen die Wunder der Natur spielerisch näherbringt. Kinder, die anfangs Angst hatten, sich schmutzig zu machen, buddeln kurze Zeit später ohne Rücksicht auf weiße Kleidchen und helle Schuhe mit bloßen Händen im Kartoffelfeld. Gemüseverweigerer probieren plötzlich, was auf den Tisch kommt, weil sie Tomaten oder Zucchini haben wachsen sehen. Kein „Ihhh“ und „Bäääh“ mehr beim Mittagessen. Und dann gibt es noch die Mülldetektive, die achtlos Weggeworfenes aufspüren und wissen, dass auch das Recycling von Grünabfällen, Eierschalen und Kaffeefiltern zu Kompost dem Kreislauf des Gartenlebens dient. „Es ist toll zu erleben, wie die Kinder mit ihrem Tun wachsen. Ihre Neugier an naturwissenschaftlichen Themen wird geweckt und sie gehen mit anderen Augen durch die Welt“, freut sich Stroisch.
Die VKJ-Erlebnisgärten schaffen jedoch nicht nur einen Mehrwert für die Kleinen. Auch Große profitieren von diesem Projekt. Die Großen – das sind in diesem Fall die ehrenamtlichen Helfer. Oft handelt es sich bei ihnen um Menschen, die keine berufliche Perspektive mehr haben und die Melanie Stroisch mit viel Herzblut für dieses Projekt anlernt und schult. „Viele Helfer blühen in den VKJ-Erlebnisgärten auf, fassen neuen Mut und entdecken auch bisher nicht gekannte Talente in Form von Fähigkeiten und Fertigkeiten beim Gärtnern“, beobachtet VKJ-Geschäftsführerin Vera Luber. Ein- bis zweimal in der Woche ist „Gartentag“ in den Kindertagestätten. Dann kommt der Erlebnisgärtner für einige Stunden, erzählt Geschichten rund um das Thema Natur – zum Beispiel, wie wichtig Spinnen und Regenwürmer sind, auch wenn sie mancher ekelig findet oder sich gar vor ihnen fürchtet. „Was mögen wohl diese kleinen Lebewesen denken, wenn sie euch sehen – ihr seid doch Riesen für sie. Spinnen und Regenwürmer müssten sich vor euch fürchten“, erklären sie den Kindern. Wenn die großen Erlebnisgärtner merken, dass die Aufmerksamkeit sinkt oder gar Langeweile droht, streuen sie schnell ein Laufspiel ein – das sorgt für Abwechslung. Und im Winter, wenn im Garten nichts los ist? „Dann bauen wir mit den Kindern Nistkästen oder Insektenhotels“, sagt Stroisch, die mit ihrer Teilzeitstelle beim VKJ drei Erlebnisgartengruppen betreut.
Es wäre schade, findet Melanie Stroisch, wenn das in den Kindergärten geweckte Interesse für die Natur mit dem Wechsel in die Schule versanden würde. Deshalb arbeitet sie zusammen mit dem VKJ an einem Konzept, das die Erlebnisgärten auch an die Essener Grundschulen bringen soll. Doch leider, leider hat der Tag nur 24 Stunden – und ein bisschen möchten die drei Stroisch-Kinder auch noch von ihrer Mutter haben.
Fotos von der Preisverleihung zum Download in druckfähiger Auflösung finden Sie hier.