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Dr. Britta L. Schröder
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Pressemitteilungen
TalentAward Ruhr 2022 vergeben: Anerkennung für gesellschaftliches Engagement
04. November 2022
Die Förderung von jungen Talenten braucht viele Akteure, die sich einsetzen und ihre Zeit und Energie in die Zukunft junger Menschen investieren. Um diejenigen zu würdigen, die sich in der ersten Reihe für Bildung und Nachwuchs-förderung engagieren, verleiht die Stiftung TalentMetropole Ruhr jährlich den TalentAward Ruhr. Bei der diesjährigen Preisverleihung am Donnerstag, den 3. November 2022, wurden vier Preisträger:innen im thyssenkrupp-Quartier in Essen ausgezeichnet. Durch innovative Ansätze und nachhaltig ausgerichtete Projekte gestalten sie die Aus- und Weiterbildung im Ruhrgebiet neu und vermitteln Kindern und Jugendlichen gesellschaftlich relevante Themen wie Demokratie, Zivilcourage und Sozialkompetenz. Dotiert ist der Preis für Talentfördernde mit einer Fördersumme von insgesamt 20.000 Euro.
„Der TalentAward Ruhr stellt Vorbilder ins Rampenlicht, zeigt mit seinen Preisträgerinnen und Preisträgern die vielfältigen Ansätze der Talentförderung im Ruhrgebiet und macht ihre herausragenden Projekte sichtbar sowie nachahmenswert“, betont Bärbel Bergerhoff-Wodopia, Mitglied des Vorstands der RAG-Stiftung und Bildungsbeauftragte des Initiativkreises Ruhr. „Der TalentAward Ruhr ist bundesweit der einzige Preis für Talentförderung im Bildungsbereich und hat damit eine Leuchtturmfunktion. Die ausgezeichneten Projekte erhalten Aufmerksamkeit, finanzielle Unterstützung, die Möglichkeit zum Austausch und den Zugang zu einem einzigartigen Netzwerk. Der Preis veranschaulicht auch, dass wir im Ruhrgebiet durch intensive und langjährige Förderung eine hervorragende Infrastruktur für Bildungsaufstiege geschaffen haben.“
Das sind die Preisträger:innen:
Natascha Dauben aus Dortmund: Seit 2017 engagiert sich die 26-Jährige ehrenamtlich bei der Inklusiven Jugend von „Special Olympics NRW“. Zur inklusiven Jugendvertretung gehören 13 Jugendliche und junge Erwachsene mit und ohne geistige Behinderung im Alter von 14 bis 26 Jahren. Natascha Dauben plant und führt integrative Sportveranstaltungen sowie Workshops durch und organisiert mit ihrem Team Aktionen für hunderte Jugendliche in NRW.
Matthias Flüß aus Recklinghausen: Der Lehrer für Sozialwissenschaften hat einen Methodenkoffer für Schülerdemonstrationen entwickelt, den er jetzt anderen Schulen zur Verfügung stellt. Mit seinen Gesamtschüler:innen hat der 34-Jährige zum Welttag gegen Rassismus eine Demonstration für Toleranz geplant und gibt seine gesammelten Erkenntnisse zur Umsetzung im Unterricht an andere Schulen weiter.
Hatice Kahraman aus Bottrop: Die 28-jährige Journalistin des unabhängigen Recherchenetzwerks CORRECTIV leitet die Jugendredaktion Salon5 in Bottrop. Die Jugend-reporter:innen lernen in der Redaktion das journalistische Handwerk, produzieren Podcasts und Social-Media-Formate für Gleichaltrige und entwickeln das Programm fürs Webradio. Neben berufsbezogenen Fähigkeiten erlernen die Jugendlichen durch die Arbeit bei Salon5 auch wichtige Soft Skills, bilden sich politisch weiter und setzen sich dadurch auch für demokratische Werte ein.
Ernst Nieland aus Gelsenkirchen: Der 76-Jährige engagiert sich seit 2011 ehrenamtlich als Mastertrainer bei der muTiger-Stiftung. Er sensibilisiert Jugendliche und Erwachsene für Gewaltsituationen in der Öffentlichkeit, vermittelt ihnen das richtige Handlungswerkzeug für Gefahrensituationen und fördert Zivilcourage. Die Trainingsinhalte hat Ernst Nieland mit der Polizei federführend mitentwickelt.
Der TalentAward 2022: Gesellschaftliche Teilhabe im Fokus
„Mit dem TalentAward zeichnen wir Menschen aus, die Kindern und Jugendlichen Perspektiven eröffnen und ihnen Kompetenzen für ein selbstbestimmtes Leben mit an die Hand geben – sei es im Bereich Berufs- und Studienorientierung, MINT, Sprachförderung oder auch Persönlichkeitsentwicklung. In diesem Jahr war die gesellschaftliche Teilhabe ein Schwerpunkt bei der Auswahl der Jury. Gesellschaftliche Teilhabe stärkt das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl. Sie ermöglicht, sich als Teil einer Gemeinschaft zu verstehen, sich innerhalb dieser zu positionieren und die eigene Meinung nach außen zu vertreten“, berichtet Dr. Britta L. Schröder, Geschäftsführerin der TalentMetropole Ruhr.
Portraits der Preisträger:innen des TalentAward Ruhr 2022
Natascha Dauben: Sportliche Aktivitäten fördern – gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen
Sport überwindet Unterschiede. „Und Sport bringt die Menschen zusammen“, das sagt Natascha Dauben und hat deshalb maßgeblich bei der Gründung der inklusiven Jugendvertretung von „Special Olympics NRW“ mitgewirkt. Der Fokus liegt auf Menschen mit geistiger Behinderung. Denn diese haben besondere Stärken und Talente – in der Leichtathletik, beim Schwimmen oder Tennis. Sie sind mitreißend und leidenschaftlich bei der Sache – diese Erfahrung hat Natascha Dauben gemacht. Trotzdem gibt es kaum entsprechende Angebote.
Seit 2017 engagiert sich Natascha Dauben bei „Special Olympics NRW“. Zum Kernteam der inklusiven Jugend gehören 13 Jugendliche und junge Erwachsene mit und ohne geistige Behinderung im Alter von 14 bis 26 Jahren. Mit der inklusiven Jugendvertretung unterstützt Natascha „Special Olympics NRW“ bei der Durchführung und Planung von Veranstaltungen, organisiert aber mit ihrem Team auch eigene Aktionen für hunderte Jugendliche. Über Diversität werde nicht großartig diskutiert. „Sie wird einfach gelebt“, sagt Natascha Dauben und setzt sich dafür ein, dass Kinder und Jugendliche neben dem Sport auch ganz andere Fähigkeiten und Werte ausbilden können: Selbstbewusstsein, Fairness, Konfliktlösung und Teamfähigkeit. „Nicht so viel nachdenken, einfach mal machen!“ Das sei etwas, das man sich bei vielen Athlet:innen abgucken könne. Wie auch deren Begeisterungsfähigkeit sagt Natascha Dauben,. „Ich finde, jeder hat das Recht, das zu machen, was er oder sie gerne machen möchte“, ist sie überzeugt. Und bei der inklusiven Jugend möchte sie allen diese Möglichkeit bieten.
Matthias Flüß: Demokratie erleben – Menschenrechte vertreten
„Du bist wichtig, und die Gesellschaft hat es verdient, deine Meinung zu hören!“ So hat es Matthias Flüß von seinem Vater gelernt. Genau das möchte der Gesamtschullehrer auch seinen Schüler:innen vermitteln. Und wie kann man sich am besten Gehör verschaffen?! Ja klar, auf einer Demonstration. So hat der 34-Jährige mit seinen Schüler:innen eine eigene Demonstration für Toleranz geplant, organisiert und umgesetzt.
Alles begann kurz vor den Herbstferien 2017. Während Matthias Flüß mit seinen Schüler:innen im Unterricht die Menschenrechte diskutierte, wurde den Sechstklässlern schnell klar: Auch in Recklinghausen werden Menschen ausgegrenzt und diskriminiert. „Ich spürte diese Power im Raum“, sagt Matthias Flüß und erinnert sich noch genau daran, wie eine Schülerin am Ende der Stunde sagte: „Lassen Sie uns dagegen streiken!“ Und so organisierten sie über Wochen hinweg für den 21. März 2017 – den Welttag gegen Rassismus – ihre erste eigene Demonstration.
Um auch den nachfolgenden Jahrgängen die Möglichkeit zu eröffnen, sich zu engagieren, entwickelte Matthias Flüß seinen „Do it yourself“-Demo-Methodenkoffer. Er wollte den Kindern einen Leitfaden an die Hand geben und den Ablauf didaktisieren – unter den Leitlinien: Verstehen, Handeln, Selbstwirksamkeit und Spaß. Der Koffer wird mittlerweile fächer- und stufenübergreifend eingesetzt. Die Demo-Vorbereitung wird Teil des Unterrichts. Neben Wissensvermittlung geht es auch um die Umsetzung in verschiedenen Teams: z. B. im Organisationsteam, im Werbe- oder im Showteam, das sich am Tag der Demo um das Vorprogramm kümmert. Die Jugendlichen gestalten Plakate, melden die Demo bei der Polizei an, stellen das Konzept anderen Schüler:innen und der Schulleiterin vor und entdecken manchmal ganz neue Talente an sich.
Mittlerweile verleiht Matthias Flüß seinen „Do it yourself-Demo-Methodenkoffer“ auch an andere Schulen, die Idee wird skaliert. Das zweite Exemplar ist bereits in Produktion. Auch die nächste Demo ist schon angedacht: Mit seiner 8. Klasse möchte Matthias Flüß bis zum 21. März 2023 wieder eine Demo für Toleranz initiieren – natürlich Marke: „Do it yourself!“
Hatice Kahraman: Fakten checken – Meinungen bilden – Medien machen
Jugendlichen eine Stimme geben, das hat sich Hatice Kahraman ganz fest vorgenommen, als im Frühjahr 2020 „Salon5“ eröffnete – die Jugendredaktion des unabhängigen, investigativen Recherchenetzwerks CORRECTIV. Die 28-Jährige hat die Redaktion mit aufgebaut, und mittlerweile auch die Leitung übernommen. „Ich möchte, dass die Jugendlichen ihre eigene Sprache verwenden, und nicht, dass sie irgendwo hineingequetscht werden.“
Jugendliche im Alter von 13 bis 18 Jahren können hier journalistisches Handwerk lernen und Programm machen: Social-Media-Content, Podcasts, Web-Radio. Es gibt beispielsweise Themenwochen und Specials zu Rassismus, dem Krieg in der Ukraine, und es gibt das Projekt: Jugendbuch des Jahres.
Aber Hatice Kahraman möchte den jungen Leuten ebenso bestimmte Soft Skills vermitteln: Selbstbewusstsein, Teamfähigkeit, politische Bildung oder wie man Fake News erkennt. Jede und jeder soll sich im „Salon5“ wohlfühlen – egal welcher Nationalität, Religion oder sozialer Herkunft. Es ist ein Ort des gegenseitigen Respekts, das ist der Journalistin ganz wichtig. „Ich komme aus einer klassischen Gastarbeiterfamilie“, sagt sie. Hatice Kahramans Großvater kam damals aus der Türkei ins Ruhrgebiet. Ihr eigener Weg in den Journalismus war ziemlich steinig. Den Jugendlichen im „Salon5“ möchte sie daher auch in Zukunft einen entspannteren und begleiteten Start ins Ausbildungs- oder Studentenleben ermöglichen.
Ernst Nieland: Persönlichkeit stärken – Zivilcourage üben
Ein Albtraum-Szenario: Ein Jugendlicher wird in der U-Bahn von einer Gruppe schikaniert, angespuckt, vielleicht sogar körperlich angegangen. Der Jugendliche kann sich nicht wehren. Trotzdem greift niemand ein. Damit genau das NICHT passiert, trainiert Ernst Nieland (76) mit Jugendlichen und Erwachsenen in Workshops der muTiger-Stiftung Talente und Fähigkeiten, wie man sich in einer ähnlichen Situation richtig verhält – wie man Zivilcourage zeigt, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen.
Bereits seit der Gründung der muTiger-Stiftung im Jahr 2011 engagiert sich Ernst Nieland ehrenamtlich für das Projekt. Und nicht nur das: Er hat die Inhalte der muTiger-Trainings in Zusammenarbeit mit der Polizei maßgeblich mit entwickelt. In den Kursen schlüpfen die Teilnehmenden in Live-Szenarien in verschiedene Rollen und erarbeiten bestimmte Verhaltensregeln, z. B.: Immer das Opfer ansprechen und nicht die Konfrontation mit dem Täter oder der Täterin suchen. Es geht in den Trainings aber auch um das eigene Selbstbewusstsein und um Wissensvermittlung. Oft sind es Schulklassen oder Gruppen von Auszubildenden, die er und seine Kolleg:innen trainieren. Und im besten Fall arbeiten die Lehrer:innen oder Ausbilder:innen die Workshop-Inhalte im Unterricht noch einmal nach. Die Workshops sind beliebt: Im März 2022 konnte Nieland die zehntausendste Teilnehmerin beglückwünschen. Neu dazugekommen sind Workshops für blinde Menschen. Und neben den Workshops bildet der Gelsenkirchener als Mastertrainer auch neue Trainer:innen aus. Das heißt aber nicht, dass Ernst Nieland ans Aufhören denkt: Er möchte gerne noch mithelfen, dass muTiger im Ruhrgebiet UND deutschlandweit Kurse für Zivilcourage anbietet: „Das wäre mein Traum!“
Die TalentMetropole Ruhr – 53 Städte, 53.000 Möglichkeiten
Das Ruhrgebiet hat ein enormes Potenzial an jungen Menschen mit verborgenen Talenten. Sie zu finden und zu fördern ist die Aufgabe der TalentMetropole Ruhr. Unter dem Dach der Stiftung TalentMetropole Ruhr begleiten aufeinander aufbauende Bildungsprojekte engagierte junge Menschen dabei, ihre Begabungen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft bestmöglich zu entwickeln. Sie nimmt diejenigen in den Blick, die noch keinen optimalen Zugang zu Bildung haben. Neben ihren eigenen Projekten unterstützt die TalentMetropole Ruhr weitere innovative Angebote der Talentförderung. Dazu arbeitet sie mit mehr als 300 Partner:innen zusammen – Unternehmen, Verbänden, Kammern, Hochschulen, Schulen, Vereinen, Initiativen und vielen mehr. Sie zeigt Bildungschancen auf, macht Vorbilder sichtbar und fördert Kooperation und Austausch. Die Stiftung TalentMetropole Ruhr ist eine gemeinnützige Tochtergesellschaft der Initiativkreis Ruhr GmbH. Weitere Informationen unter www.talentmetropoleruhr.de